Die neue Allianz von Indie-Pop und Frickel-Elektronik, je nach individueller Ausrichtung gerne unter Schlagwörtern wie "New Acoustics", "Indietronics" oder "Neo Folk" zusammengefaßt, blüht und gedeiht. Aktuelles Beispiel sind John Matthias und sein Album "Smalltown Shining", erschienen auf dem Label von Minimal-House-Maestro Matthew Herbert.
Im Zentrum der Label-Philosophie von Lifelike steht die "Freude am Experiment mit gegensätzlichen Klangwelten". Wie das klingen kann, hat der Label-Chef Dr. Rockit (alias Matthew Herbert) auf seinem verspielten, collagenartig aufgebauten Album "Indoor Fireworks" im letzten Jahr vorgezeigt. John Matthias, das neueste Signing bei Lifelike, setzt aber weniger auf lustige Sample-Gimmicks und verdrehte Melodien, sondern eher auf eine modernisierte Variante der Singer/Songwriter-Kultur. Wer dabei automatisch an muffige Hippie-Ästhetik oder Lagerfeuerromantik denkt, liegt gehörig falsch. Auch wenn sich "Smalltown Shining" nicht allzu weit von jenen traditionellen Strukturen entfernt, die man in diesem Kontext vermutet, besticht das Album durch seine stimmige Inszenierung und die produktionstechnischen Details am Rande.
John Matthias wandelt mit einsam klingender Stimme durch diese Sound-Landschaft und läßt die zerbrechliche Zärtlichkeit akustischer Instrumente an der kühlen, kalkulierten Spröde von Elektronik reiben. Elektronisch-dissonante Arrangements, akustische Gitarren, dezente Violinen und elegischer Gesang werden zu einem postmodernen Entwurf von urbanem Elektro-Blues kombiniert, der Erinnerungen an Tim Buckley oder Jim Morrison weckt - wären diese dreißig Jahre später geboren, würden sie wohl so ähnlich klingen.
"Smalltown Shining" steht also mit einem Fuß in der Musikhistorie und macht mit dem anderen einen weiten Schritt voran in Richtung Zukunft - ohne besserwisserische Gesten und verzweifeltes Cutting-Edge-Bemühen, aber mit viel Sensibilität und einem intuitiven Gespür für die richtigen Proportionen.
Möchte man dieses Album in eine der gängigen, bequemen Schubladen einordnen, mit denen uns die Musikmedien gerne bei der Orientierung helfen, landet man beim Konglomerat von "New Acoustics", "Neo-Folk" oder "Indietronics" - einem ebenso schicken wie ungenauen Labeling für Musik, die irgendwo zwischen den Stühlen von klassischem Songformat (= Handarbeit) und zukunftsorientiertem Pop (= Technik) sitzt. Für den Autor dieser Zeilen ist "Smalltown Shining" der passende Soundtrack für die Katerstimmung nach einer Dekade Clubkultur, wo sich die Errungenschaften der "Electronic Revolution" aufs Positivste mit dem traditionellen Pop-Begriff zusammenfügen. Ein "Best of Both Worlds", sozusagen.
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