Lamb sind wieder da. Zwei Jahre nach "Fear of Fours" ist das in unseren Breitengraden vor allem durch die Kruder & Dorfmeister-Bearbeitung von "Trans Fatty Acid" bekanntgewordene Duo aus Manchester nun auch zu "Cafe del Mar"-Ehren gekommen. Und sonst? Schwieriges drittes Album? Klar, waren die beiden vorherigen ja auch schon.
Das fängt ja gut an. "What Is That Sound Running Round My Head?" raunt Louise Rhodes über dramatische Streicherflächen und gebrochene Beats. Gute Frage. Wollte man gängigen Erklärungsschemata folgen, so könnte man bereits bezüglich der Band-Konstellation sagen: Ist doch gar nicht so kompliziert, die "typische" Arbeitsteilung halt, das Yin und Yang der "modernen" Studioproduktion. Hier die in "klassischen" Songstrukturen geerdete Chanteuse (Louise Rhodes), hat Folk im allgemeinen, Joni Mitchell im speziellen gern; dort der leicht spinnerte, hinter Türmen von Synths und elektronischen Gerätschaften ewig nach den vertracktesten Beats und ausgefeiltesten Samples suchende Studio-Nerd (Andy Barlow). Konträre Pole, "Gegensätze ziehen sich an", Reibungsflächen bilden sich, Dynamik aus der Unterschiedlichkeit, im Bestfall entsteht etwas bisher Ungehörtes, Genregrenzen werden gesprengt und so weiter...
Könnte man sagen. Dann könnte man noch eine geräumige Schachtel hernehmen, das Schild "TripHop" draufhängen und alles reinpfropfen, was in etwa diesem Muster entspricht: Portishead, Morcheeba, Moloko, Goldfrapp. Nur paßt das im Fall Lamb eventuell doch nicht so ganz: eindeutig optimistischer als Portishead, kein spiegelglatter Soul-Schmonz wie bei Morcheeba und dezidiert nicht nur ein, zwei Hitsingles und eine Menge unfertiger Füllstoff wie bei Moloko. Bessere Idee: TripHop wieder vergessen, Meeres- und Strandphotos hervorkramen und "Cafe del Mar" draufschreiben. Ach, hat auch schon wer gemacht? Noch bessere Idee: all das vergessen, noch mal von vorn anfangen.
Also: "What Is That Sound Running Round My Head?" Erster Eindruck: Zugänglicher sind Lamb teilweise geworden; speziell "Gabriel" oder "Just Is" kommen verhältnismäßig organisch, ja gelockert daher, immer noch "Fear of Fours" (Titel des zweiten Albums, in Anspielung auf das in heutigen Dance-Produktionen vorherrschende Vier-Viertel-Taktschema) zwar, aber irgendwie entspannter. Zugänglich natürlich nicht im Sinn von geschmeidigen Hooklines über standardisierten Loops, wobei hier auch schon der zweite Eindruck zum Tragen kommt: alles beim Alten geblieben (das ist ausnahmsweise ein Kompliment). Filigrane, bis ins letzte Detail durchkomponierte Arrangements, die wild umherlaufende Breakbeats und Sounds unter einen Hut bringen (besonders hervorzuheben ist das in Koproduktion mit den Scratch Perverts entstandene Instrumental "Scratch Bass"), ohne sich dabei allzu sehr in den Vordergrund zu drängen, aber doch weit davon entfernt, als bloße Klangtapete für den anmutigen Gesang von Louise Rhodes zu fungieren.
Ansonsten gilt, wie bei den bisherigen Lamb-Alben auch schon: Vieles, was vorschnell als zu sperrig erscheint, erschließt sich erst nach mehrmaligem Hören, dann aber auf umso beeindruckendere Art und Weise ("Sweetheart" und "Heaven"). Auch ein Merkmal, das viele große Bands auszeichnet - oder "The Sound That Makes the World Go Round".