Die gesellschaftlichen Zwänge und Gepflogenheiten bildeten im New York des beginnenden 20. Jahrhunderts eine feindselige Umgebung für attraktive, selbstbewußte Frauen - was Gillian Anderson in "The House of Mirth" in bestechender Weise vorführt.
Die High Society im New York der (vorletzten) Jahrhundertwende ist nicht weniger oberflächlich und von Falschheit geprägt, als sie es heute sein mag. Aber Lily Bart (Gillian Anderson) nimmt es leicht. Sie ist attraktiv, wohlhabend und erfolgreich, selbstbewußt, klug - und vom Wesen her ihrer Zeit möglicherweise um Jahrzehnte voraus. Nur die Jüngste ist sie nicht mehr. Und da sie noch immer unverheiratet ist, stellt sich bei ihr langsam das Gefühl der Gefahr ein, als alte Jungfer an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Also akzeptiert sie widerwillig die subtilen Ratschläge ihrer Umgebung und macht sich auf die Suche nach einem wohlhabenden Mann, der ihre partielle Abhängigkeit vom Vermögen ihrer alten Tante beenden könnte.
Lilys Versuche, den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, verlaufen allerdings äußerst unglücklich. Hin- und hergerissen zwischen Gefühl und Verstand, verpaßt sie immer wieder die Chance, ihre gequält unausgesprochene, aber offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhende Liebe zu Lawrence Shelden (Eric Stoltz) endlich auf den Punkt zu bringen. Je länger sich die Geschichte hinzieht, umso mehr Intrigen und Manipulationsversuche entstehen in ihrem gesellschaftlichen Hintergrund. Es sind der Neid und die Eifersucht der anderen Damen der Gesellschaft, die Lilys persönliches Glück immer wieder zu verhindern wissen.
Als der einflußreiche, verheiratete und notgeile Bock Gus Trenor (Dan Aykroyd) eine Affäre mit ihr erdichtet und in Umlauf bringt, beginnt ein infamer Prozeß der gesellschaftlichen Ächtung: Lilys Ruf wird zerstört, und aufgrund ihrer gänzlich fehlenden Bereitschaft, vor dieser Ungerechtigkeit klein beizugeben, manövriert sich Lily ins gesellschaftliche Out. Ihr finanzieller und emotionaler Untergang schreitet unaufhaltsam voran...
Terence Davies´ Drama verzichtet auf Kostüm- und Austattungspomp und vermittelt - bedingt durch ein eher schmales Budget, was hier aber voll und ganz zur Tugend umgemünzt wird - den Eindruck kunstvoll-eleganter Echtheit. Im Gegensatz zu vergleichbaren Arbeiten wie Scorseses "Age of Innocence" wirkt "The House of Mirth" in fast beunruhigender Weise authentisch. Gillian Anderson zeigt nicht einmal einen Hauch von Scully, was umso bemerkenswerter ist, als sich der Film fast ausschließlich auf ihre Rolle konzentriert - eine beachtliche Leistung. Und so unspektakulär der Film beim Betrachten auch wirken mag, seine tragische Geschichte setzt sich dauerhaft in der Erinnerung fest.
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