Valery Gergiev ist einer der profiliertesten jüngeren Dirigenten der heutigen Zeit. Das hat zur Folge, daß die Nachfrage nach ihm enorm ist und er noch dazu alle Angebote annimmt. Dabei muß er aufpassen, daß er nicht Quantität vor Qualität stellt.
Igor Strawinskys "Le Sacre du Printemps" gehört zu den beliebtesten und effektvollsten Werken der internationalen Konzertprogramme. Alexander Scriabins "Le Poème de Exstase" erzielt nicht weniger Wirkung, da es ja auch eines der lautesten Orchesterstücke ist. Und diese Kategorie ist bei Maestro Gergiev - einem sehr fortissimolastigen Dirigenten - wirklich gut aufgehoben.
Leider übertreffen die Erwartungen an diese Einspielung bei weitem das Ergebnis. Die "Frühlingsweihe" hätte man sich viel differenzierter und ausgefeilter erwartet. Transparent klingt sie zwar allemal noch (das beherrscht Gergiev ja gut), aber an den richtigen Stellen die Effekte zu setzen und dort Brutalität reinzulegen, wo sie hingehört, das hat er leider versäumt. Und das Kirov-Orchester aus St. Petersburg ist leider nicht das Weltklasseorchester, das dieses schwierige Stück benötigt.
Scriabins Orchesterwerk wird eher selten angesetzt, da es nur etwa 20 Minuten dauert und unbedingt an den Schluß eines Konzertprogramms gehört - daher ist es schwer programmierbar. Repertoiremäßig paßt es sehr gut zu "Sacre"; die Interpretation auf dieser CD ist jedoch absolut uninteressant geworden. Das Orchester folgt zwar hörbar jeder Intention Gergievs, doch die Umsetzung ist halt trotzdem mißlungen, und der Maestro gibt sich hier mit dem Mittelmaß zufrieden.
Diese Produktion ist ein warnendes Beispiel dafür, wie man den Mythos eines Dirigenten zerstören könnte. Noch wurde eine insgesamt achtbare Leistung erzielt; die absinkende Tendenz ist aber bereits deutlich erkennbar. Und es wäre ewig schade um ein so großes Talent wie Valery Gergiev...
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