Steve Earle, Geschichtenerzähler und Countrysänger, reflektiert in seinem aktuellen Werk nicht nur über Helden der Vergangenheit, sondern auch über die Ironie des Immer-wieder-Erzählens derselben Geschichten.
Und die Griechen hatten doch recht: Es ist das Herz, das zählt, nicht der Kopf, behauptet Steve Earle. Denn von zuviel Nachdenken bekommt man nur Kopfweh, das aber im Vergleich zu den Schmerzen des Herzens, wenn Träume zerbrechen oder Versprechen nicht gehalten werden, halb so wild ist. Das Herz ist ein wildes Tier, ein Pitbull, es läßt sich nicht zähmen. Dem Geist ist da schon leichter beizukommen, er läßt sich ohne viel Gegenwehr einsperren.
"El Corazon" ist zwischen recht traditionellem Country und Neil-Youngscher-Gitarrenschule angesiedelt, neumodische Blödheiten wird man hier vergeblich suchen. (Aber die hat wohl auch niemand erwartet. Obwohl - Mr. Young hat angekündigt, sein nächstes Album ohne Gitarre machen zu wollen).
Einige Gaststars treten auf, so etwa Emmy Lou Harris oder die Supersuckers. Letztere erinnern auch an ein kleines, schon untergegangen geglaubtes Reich: "Supersuckers appear courtesy of subpop records" heißt es im Booklet. Da steht dann natürlich auch das böse G-Wort im Raum, das hier aber nicht als Killerphrase mißbraucht werden sollte. Steve Earle hat so einiges erlebt. Er saß wegen Heroinbesitz im Gefängnis, ist Alleinerzieher eines mittlerweile 15jährigen Sohnes - und das merkt man seiner Musik auch an. Den Mann erschüttert so schnell nichts mehr. Was aber wieder nicht heißen soll, daß er mit allem einverstanden ist. Seine Kritik kommt jedoch unaufgeregt, dafür umso fundierter und souveräner daher.
In klassischer Songwritermanier werden kleine Geschichten erzählt, manche wurden in einem Kurzgeschichtenband ausgebaut und "zweitverwertet". Meist sind sie sehr persönlich, manchmal schlägt auch Selbstironie durch über die immer wieder erzählten alten Stories: "Columbus went down to the ocean in 1492, he said ‚Boys I am looking for India but America will do‘ sailed to the west, You know the rest." Das gleiche ist wahlweise auch mit Moses oder Robert Johnson zu haben; letzterer wird demnächst übrigens an anderer Stelle (Bücher) in diesem Magazin auftauchen.
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