Die zweite CD der indisch-kanadischen Kunstfigur Bif Naked hat das Zeug, an den relativen Erfolg ihres 95er-Debütalbums anknüpfen. Ihre Musik ist reifer, weniger pubertär und glatter geworden.
Adoptivkinder, so sagt man, hätten es schwer im Leben. Im Fall von Bif Naked mag diese Bauernweisheit sogar stimmen - sie wurde nämlich gleich nach ihrer Geburt im indischen Neu-Delhi in die Hände kanadischer Zieheltern gegeben, die sie in den widerlichen Moloch Nordamerika verschleppten. Dementsprechend hart war Bifs Jugend: Mit ihrer dunklen Hautfarbe befand sie sich in Kanada, inmitten tausender Exilnazis, nicht gerade auf dem besten Nährboden für ein erfülltes Leben.
Daß sie schon in frühen Jahren ausgiebig der Tätowiernadel zusprach, dürfte ihre gesellschaftliche Stellung nicht unbedingt gehoben haben, und für den Konsum von Drogen hat man in Nordamerika ja besonders wenig Verständnis. Na ja, jedenfalls begann Bif mit 17 in Bands zu singen und brachte 1995 ihre erste Platte raus. Darauf fanden sich Texte über Weltschmerz, Vergewaltigung und Bisexualität. Ein beachtlicher Teil der Zielgruppe "Mädchen" war davon tief bewegt.
Nun, im bedeutend reiferen Alter von 27 Jahren, hat Bif, die - wohl aus kommerziellen Gründen - auf das "Naked" in ihrem Namen zumindest am Coverheft verzichtet hat, ihre zweite CD vorgelegt. Sie nimmt keine Drogen mehr, bevorzugt Endorphine (Fitneß, Kampfsport) und macht um einiges populärere Musik als früher.
Richtig gut ist sie deswegen auch nicht. Am ehesten geht sie noch als härtere Ausgabe des Typus Popsängerin durch, aber Leute mit Drogenerfahrung machen normalerweise inspiriertere Musik. "I Bificus" hat eine Hitnummer ("Spaceman") und bringt ansonsten eher geraden und ziemlich konventionellen Pop. Ein öffentlichkeits- und medienwirksames Aussehen macht eben noch keine gute Musikerin.
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