Zahlreiche Mythen ranken sich um Murnaus "Nosferatu". Diese nimmt "Shadow of the Vampire" zum Anlaß für eine etwas ideenlose Mischung aus Fakten und Fiktion, die sich in ihrem Kern nicht so recht entscheiden kann: trotz Vampirismus ein mißglückter Versuch, in dem Willem Dafoe und John Malkovich die Hauptrollen spielen.
Weil Friedrich Wilhelm Murnau nicht die Rechte für Bram Stokers "Dracula" erhielt, benannte er die zentralen Figuren einfach um. Sein expressionistisches Meisterwerk "Nosferatu - Symphonie des Grauens" von 1922 markiert als erster richtiger Vampirfilm den Beginn des modernen Horrorgenres und vermag noch heute zu faszinieren. Raffiniertes schwarzweißes Licht- und Schattenspiel erzeugt eine Spannung, die ein kongenial unheimlicher Hauptdarsteller und ungewöhnliche Rahmenbedingungen noch steigern: Über Max Schreck ist wenig bekannt (seine anderen Filme sind verschollen), und er ist daher wohl auf ewig nur als hohlwangiger gespenstischer Graf Orlock mit langen klappernden Fingernägeln im Gedächtnis; zudem drehte der deutsche Regiepionier Murnau an merkwürdigen Originalschauplätzen. Reichlich Stoff also für Legendenbildung, die "Shadow of the Vampire" mit eigenwilligen, wenig originellen Interpretationen nicht wirklich bereichert.
Porträtiert werden die Dreharbeiten zu "Nosferatu". Als der davon besessene Murnau (John Malkovich) damit in Berlin nicht so recht vorankommt, schleppt er seine gesamte Crew - den Schauspieler Gustav von Wangenheim (Eddie Izzard), seinen Produzenten Albin Grau (der einschlägig vorbelastete Udo Kier), Kameramann und Autor - in die Tschechoslowakei, wo er den perfekten Titelhelden entdeckt hat. Dieser entpuppt sich als die furchteinflößende Gestalt des Max Schreck (Willem Dafoe), der aber in Wahrheit natürlich ein echter Vampir ist. Murnau hat mit dem heruntergekommenen Sonnenallergiker einen Handel abgeschlossen: Wenn er dem Werk zu Authenzität verhilft, erhält er als Gage die schöne Hauptdarstellerin Greta Schröder (Catherine McCormack) zum Anbeißen. Alsbald wird das nichtsahnende Team dezimiert. Der schneidige Ersatzkameramann Fritz Arno Wagner (sehr deplaziert: Cary Elwes) verschärft das Chaos; Orlock wird ungeduldig, aber Murnau hält an seiner Vision bis zur bitteren Neige fest.
Die Crux dabei ist, daß die phantastisch anmutende Idee, Max Schreck sei ein echter Vampir gewesen, die einzige des Streifens ist. Aber weil Regisseur E. Elias Merhige ("Begotten") keinen Vampirfilm machen wollte, verpufft diese bereits nach kurzer Zeit in ein seltsames Nichts - das einzige Grauen hier. Dazu bringt sie, ebenso wie die mäßig lustigen humoristischen Seitenhiebe, naturgemäß das auf einer anderen Ebene angestrebte Biopic ins Wanken. Und die heftig verzerrten historischen Fakten mutieren zur farblosen Garnitur: Drogen, eine hysterische Stummfilmdiva und Handwerkskunst hinter antiken Kameras beherrschen das fiktive Set. Im Verein mit einem routiniert-affektierten John Malkovich macht Merhige Murnau zur Allegorie auf alle fanatischen Filmemacher: Despotisch und obsessiv saugt er andere aus, quält sie im wörtlichen Sinne bis aufs Blut und schreckt nicht davor zurück, sie eiskalt für die/seine Kunst zu opfern. Die Bilder dazu sind allerdings alles andere als manisch: In der biederen, auf "Kunstfilm" gedrechselten Ästhetik versinken die raren gelungenen Szenen, etwa Schwarzweiß-Sequenzen oder sporadisches Footage aus dem Original-"Nosferatu" - Atmosphäre ist hier generell Mangelware. Auch die sonst sehr beachtliche Präsenz von Willem Dafoe ("Light Sleeper", "Wild at Heart") ist hier verschenkt. So regieren in der ersten Produktion von Nicholas Cage bestenfalls unentschiedenes Mittelmaß und viel anämische Langeweile, vor allem für Anhänger der düster-erotischen Untoten.
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