Abgesprungen

Die Stone Temple Pilots haben sich zwar nicht gerade selbst neu erfunden, doch den Vorwurf der Trittbrettfahrerei müssen sie sich mit ihrem fünften Album nicht mehr gefallen lassen.

Lange war es ruhig um die Stone Temple Pilots, da deren Sänger Scott Weiland - wie manchem bereits bekannt sein dürfte - wegen seiner fortgesetzten Drogenexzesse kurz nach Veröffentlichung des Vorgängeralbums "No. 4" ein halbes Jahr im Gefängnis verbringen mußte. Fazit: keine Promo und keine Tour zur Platte. Ähnlich wie bei Alice In Chains hätte man schon fast annehmen können, daß diese Band gar nicht mehr existiere; aber im Gegensatz zu Layne Stailey scheint sich Herr Weiland jetzt wieder im Griff zu haben, ist clean und vor allem aus dem Gefängnis entlassen. Die Pilots sind zurück, und das mit einem Album, das man ihnen so nicht unbedingt zugetraut hätte, wurden sie doch in ihren Anfangstagen als Trittbrettfahrer des Grunge (oje, das böse Wort!) bezeichnet. Eines sei vorab gesagt: Damit haben die Stone Temple Pilots nichts mehr am Hut.

Schon beim ersten Song, dem Kracher "Dumb Love", kommt bei Fans der etwas härteren Gangart Freude auf. Wem das letzte Album bereits zugesagt hat, der wird auch hier nicht enttäuscht werden. Die darauf folgenden Nummern "Days of the Week", "Coma" und "Hollywood Bitch" halten, was der Opener verspricht. Die Pilots rocken einfach, und das nicht zu knapp. Die erste Atempause folgt mit "Wonderful", einer Liebeserklärung Scott Weilands an seine Frau. "Black Again" und "Hello It´s Late" setzen diese Ruhephase von "Shangri-La Dee Da" konsequent fort - fast schon eine Spur zu konsequent. Doch bevor gepflegte Langeweile aufkommen kann, wird im Stil eines Neil Young bei "Too Cool Queenie" ein paar Gänge höher geschaltet und mit dem epischen "Regeneration" dort weitergemacht, wo "Dumb Love" aufgehört hat. "Bi-Polar Bear" ist der überraschendste Song dieses Albums. Wähnt man sich zuerst im Land des Kuschelrocks und beginnt darüber zu sinnieren, ob es der Balladen nicht bereits genug sei, macht dieser Song dann seinem Namen alle Ehre und schlägt eine überraschend heftige Richtung ein. Um so enttäuschender ist dann "Transmissions From A Lonely Room", auf das man schon wegen des furchtbar nervenden Refrains getrost hätte verzichten können. Aber Hand aufs Herz - wie viele Alben ohne Durchhänger darf man schon sein eigen nennen? Das wunderschöne "Song For Sleeping" und das langsame, aber dafür um so härtere "Long Way Home" bilden nach diesem Ausrutscher einen versöhnenden Abschluß.

Insgesamt haben die vier Herren aus San Diego mit ihrem fünften Album ihre bisher reifste und beste Arbeit abgeliefert. Wem die Band bis jetzt nicht gefallen hat, der wird auch jetzt nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen. Allen anderen kann man "Shangri-La Dee Da" getrost ans Herz legen. Es bleibt nur zu hoffen, daß Scott Weiland nicht wieder wegen verbotener Substanzen von der Bildfläche verschwindet, sondern uns mindestens weitere fünf STP-Alben beschert.

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