Schade! Bands, die man wirklich gern live hören würde, treten im allgemeinen nicht auf. So auch die zwei Insulaner Antony Ryan & Robin Saville, die - jeder in seinem Studio und mittels Einbindung moderner Technologien (Laptop & Internet) - in der Lage sind, gemeinsam zu musizieren. Sehr schön verdeutlichen sie dies auf ihrer letzten EP "Salle de Isan".
Mag sein, daß diese Art der Produktion/Kommunikation inzwischen der Standard jedes noch so langweiligen Loop-Verwursters ist. Früher - sagen wir, vor zehn Jahren - wäre es trotzdem nicht gegangen. Heute kann man fast zeitgleich übers Netz Sessions ansetzen, und jeder geigt woanders. Isan steht für "Integrated Services Analogue Network", was eigentlich alles bedeuten kann, vom unentbehrlichen 56k-Modem bis hin zu normaler, jedoch langsam aussterbender Verbaltelefonie.
Audiodaten werden als MP3-Files übers Netz geschickt, in die jeweils eigene Studioumgebung (meist virtueller Natur) transferiert, und Schicht um Schicht, Click um Click wächst - wie im Falle Isan – leichtfüßige, wunderschöne Analog-Synthiemusik heran, phasenweise meditativ und garantiert immer mit Aphex-Twin´schen Kindermelodien.
Isan geben auch gerne Nachhilfe im Fach "Elektronische Musikproduktion". Ihr Credo lautet: "Alles ist ganz einfach". Was man braucht, sind ein paar alte Analog-Synthies, ein paar Effektkisterln, das vom Bruder in der Ecke vergessene Distortion Pedal und ein Mischpult, wie es heutzutage in jeder Hosentasche Platz findet. Das alles legt man dann einfach auf den Boden, verkabelt es miteinander, schaltet ein, und los geht´s.
Auch auf dem Sixtracker "Salle de Isan", unlängst erschienen auf dem großartigen Morr-Label, geben sich feinste Elektronik-Bleeps, feenhaft arrangierte Sound-Teppiche und Mono-Melodie-Abfolgen ein Stelldichein.
Die Stücke bauen sich langsam auf, denn nicht Hektik treibt Isan an, sondern Neugierde. Wie simpel darf eine Melodie eigentlich sein, damit sie vom Hörer noch als solche wahrgenommen wird? Anstatt jedoch solche und andere existentielle Fragen zu erörtern, versinkt man spätestens ab Track zwei in ihrem oft erprobten, wohligen, melodiösen Dusel.
Gehen wir einmal davon aus, daß beide Herren begnadete Minimalmusiker sind, die im selben Sample-Pool schwimmen; sagen wir weiters, beide vereint die Liebe zur elektronischen Musik an sich. Wie es die beiden aber schaffen, einen homogenen, qualitativ hochwertigen Kompositions-Output zu fabrizieren, und das konstant bereits seit einigen Jahren - der erfahrene Elektronikfachmann erinnert sich liebevoll an "Digitalis" von 1999 - ist und bleibt ein Rätsel. Vielleicht (und dieser Schluß liegt nahe) sind sie aber wirklich so gut und spielen die Parts nächtens selber ein.
Unaufdringlich, hervorragend musiziert, kreativstes Sampling, so einfach geht das. Besondere Empfehlung!