Nach "sanfteren" Releases wie "Selection Sixteen" oder "Maximum Priest", die Tom Jenkinson schon fast den Ruf eines "Jazz-Addicts" eintrugen, begibt sich der Meister des Drum´n´Bass-Loop-Häckselns mit seinen zwei neuen Werken wieder zurück in den sicheren Hafen dessen, was ihm am meisten liegt.
Neueste Erkenntnisse dazu werden u. a. auf der Maxi-Auskopplung "My Red Hot Car" zusammengefaßt, die gute Chancen hat, zum ultimativen Hit des Sommers zu werden - und das trotz ihres grauenhaften Covers. Der Song bietet eine tolle "catchy" Melodie, saubere Hooklines und, man glaubt es kaum, Gesang. Er erinnert stark an Aphex Twins "Window Licker"-12-Inch; die Affinität wird allein durch die Verwendung quasi altmodischer Drum´n´Bass-Loops gebrochen. Auf die einzelnen Mixes an dieser Stelle näher einzugehen, erübrigt sich. Fest steht jedenfalls: Der "Girl"-Mix fährt super ab, und wer den nicht fürs Auto aufnimmt, ist selber schuld.
Auf der Rückseite der 12-Inch befinden sich die zwei völlig unrhythmischen Stücke "Hardcore Obelisk" und "I Wish You Obelisk". Stichwort: Soundmorphing. Horror-Sounds, die auf Tracks wie "Tundra" oder "Dimotane Co" (auf "Feed Me Weird Things") verweisen, wirbeln durcheinander und erzeugen ein Inferno recht unangenehmer Empfindungen. Um schlüssige Musik handelt es sich hier nicht; aber das soll ja auch nicht sein, weil sowas Mr. Jenkinson in Wahrheit gar nicht interessiert.
Auf dem dazugehörigen Album "Go Plastic" befindet sich Squarepusher in seinem Element. Es ist ein Breakbeat-Verschnitt aus Drumloops, Melodiekürzeln, verfahrenen Bässen, teilweise so zerrissen, daß der Autor dieser Zeilen den Hörvorgang kurzfristig abbrechen mußte. Sequencing jenseits der 260bpm-Grenze ist auf Dauer ziemlich unverträglich, außer vielleicht für ein paar Hacker-Nerds, für die ein 100-MB-Download das höchste der Gefühle ist. Der Loop-Salat wirkt auch deshalb so zerrissen, weil er immer stoppt, abrupt wieder anläuft, sich gefiltert um sich selbst dreht und Maschinengewehrsalven am laufenden Band absondert.
Das Problem dabei versteht sich von selbst: Die Nummern werden mit der Zeit recht eintönig. Monotonie durch Gewöhnung stellt sich ein; auch scheint der Samplepool Jenkinsons diesmal nicht so reichhaltig gewesen zu sein. Das bewirkt zwar einen gewissen Wiedererkennungseffekt, sorgt aber auch dafür, daß es egal ist, welche Seite man auflegt - es klingt sowieso immer ähnlich. Auch auf einen Höhepunkt (dramaturgisch wohlbemerkt, nicht bpm-mäßig) wartet man vergeblich. Die einleitend beschriebene Auskopplung "My Red Hot Car" ist zugleich der Opener des Albums, und danach ist auch schon Schluß mit der Gemütlichkeit. Wer jemals Christoph de Babalons geniales "If You Are Into It, I Am Out Of it" gehört hat, wird auch diese rauhen Industrial-Ambient-Passagen kennen...
Alles in allem wird man einfach das Gefühl nicht los, daß "Go Plastic" ein Schritt zurück ist. So zauberhaft und überraschend die Maxi klingt, so zerfahren und unentschlossen wirkt das Album, selbst beim zweiten Durchhören. War "Selection Sixteen" sowas wie die Zukunft des britischen Drum´n´Bass und "Maximum Priest" einfach verdammt interessante Musik (inkl. Autechre-Mix), so klingt das neue Squarepusher-Album stellenweise anachronistisch (wie z. B. auch Bogdan Raczinskys "Samurai Math Breaks"). Nur die noisigen, metallischen Drones erzeugen Spannung, erinnern an Vergangenes wie das großartige "Come On My Selector" (auf "Big Loada").
Reminiszenzen an die Squarepusher-Werke "Hard Normal Daddy" finden sich hier ebenso wie an "Music Is Rotted One Note" (1998). Auf letzterem Album befand sich ja auch "Don´t Go Plastic" - vielleicht hätte Tom Jenkinson ja auf sich selbst hören sollen... Was soll´s, es tut gut zu wissen, daß er noch da ist und seine 1210er und Sampler malträtiert.