Khan arbeitet auf seinem neuen Album "No Comprendo" unter anderem mit namhaften Künstlern wie Francoise Cactus, Jon Spencer und Diamanda Galas zusammen und schafft ein abwechslungsreiches Album, bei dem die Plattenhändler sich erst einmal den Kopf zerbrechen müssen, in welches Genre sie den Tonträger stecken sollen.
Khan ist nicht so ein dahergelaufener Angeber, der schnell ein paar prominente Musiker holt, um bessere Verkaufzahlen zu erzielen. Eigentlich heißt er Can Oral und wuchs als Kind einer finnischen Mutter und eines türkischen Vaters in Köln auf. Anfang der 90er, als die Technoszene so richtig zu blühen begann und es noch den Anschein erweckte, Techno könnte eine radikale Jugendkultur werden, die Dinge verändert, begann Khan im Umfeld von Mike Ink und Walker seine ersten Platten zu veröffentlichen.
In dieser Zeit kamen inflationär viele Platten heraus, und bei den unzähligen Labels konnte kaum jemand den Überblick behalten. Für jeden verschiedenen Stil wurde ein eigenes Pseudonym verwendet - und so steckt Khan hinter Veröffentlichungen von Gizz TV, Bizz OD, El Turco Loco und 4E; diverse Kollaborationen gar nicht mitgerechnet. Typisch war für ihn schon immer, daß er sich wenig um bestehende Genre-Konventionen scherte, sondern versuchte, den Sound weiterzuentwickeln und in neue Richtungen zu gehen. Heute wohnt Khan in New York, Mexiko und Berlin und betreibt sein eigenes Plattenlabel El Turco Loco, das unter anderem obskure und ziemlich rare Bootlegs veröffentlicht - wie die Riots bei einem Black-Sabbath-Konzert oder "Alec Empire vs. Elvis Presley".
Das Konzept hinter "No Comprendo" war laut Khan, Songs für bestimmte Gastsänger zu schreiben. Die sollten dann selbständig ihren Teil beitragen und den Song vervollständigen - also mit ihm kollaborieren statt einfach nur den Gesang hinzufügen. Herausgekommen ist dabei ein sehr abwechslungsreiches Album, bei dem Khans funky Elektro-Blues meist eine perfekte Symbiose mit dem Gesang eingeht.
Da wäre etwa die französisch singende Francoise Cactus von Stereo Total, bei deren zwei Liedern - sei es das elektronisch-rockige "Les Gros Nichons" oder das dubbige "Fantomes" - man deutlich Khans neue Wahlheimat Mexiko durchhört, oder zumindest das, was wir uns darunter vorstellen.
Bluesiger und bedrohlicher wird es, wenn sich Kid Congo Powers vom legendären Gun Club, dessen neues Album von Khan produziert wird, das Mikro greift und mit seiner charismatischen Stimme zu so bezeichnenden Liedern wie "Why Hurt Flesh" singt. In der gleichen Tonart geht es weiter - Jon Spencer oder dessen heruntergekommenes, älteres Äquivalent Andre Williams, der bei den Aufnahmen so dicht gewesen sein soll, daß er sich wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern kann, übernehmen den Gesangspart.
Einen musikalischen Stilwechsel gibt es mit dem nur scheinbar friedlichen "Say Goodbye". Julee Cruise, bekannt durch ihre Zusammenarbeit mit David Lynch und dessen Stammkomponisten Angelo Badalamenti, wurde hierzu eingeladen. Dann lädt uns Diamanda Galas noch auf einen akustischen Horrortrip ein, den man wohl lieber nicht alleine im Dunkeln hören sollte. Und richtig wild wird es zum Schluß, wenn Hanin Elias, "Atari-Teenage-Riot-Sirene", Khan bei seinen verzerrten Basslines und technoiden Beats mit ihrem Ohrwurmgesang unterstützt.
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