Die Deutsche Grammophon tut zwar viel für die Repertoirepflege - doch diesmal hat sie kräftig danebengegriffen. Warum diese unanhörbar schlechte "Carmen"-Bearbeitung überhaupt produziert wurde, versteht niemand so recht.
Im Beiheft dieser CD ist der 1932 geborene (und noch lebende) Komponist Rodion Shchedrin gemeinsam mit Dimitri Schostakowitsch zu sehen. Damit wären aber auch schon alle Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Herren aufgezählt - obwohl im Beipacktext unterschwellig immer wieder ein Zusammenhang herzustellen versucht wird.
Hat man die vorliegende CD in den Player eingelegt, haut es einen sofort um - nur leider nicht vor Begeisterung. Shchedrin hat seine "Carmen-Suite" für Streichorchester, Pauken und vier Gruppen von Schlagwerken komponiert. Kennt man die zugrundeliegende französische Oper und hört dann diesen akustischen Mischmasch, so weiß man schon nach wenigen Minuten, womit man besser dran ist - nämlich bei der Oper selbst oder den von Bizet komponierten Suiten. Shchedrin verpackt die einzelnen Szenen bzw. Arien in ein äußerst schlechtes Arrangement, wobei ihm jedwede Musikalität und jedes Gefühl für das Originalwerk abzugehen scheinen.
Mikhail Pletnev, der ein viel begabterer Pianist als Dirigent ist (warum glauben berühmte Klavierspieler bloß immer, daß sie den Taktstock schwingen müssen?), ist mit einer derart banalen Komposition äußerst schlecht beraten. Zusammen mit dem Russian National Orchestra liefert er eine bestenfalls notengetreue Wiedergabe des Werkes - was an sich schon schlimm genug ist.
Als "Füller" finden sich auf der CD noch die Stücke Orchesterkonzert Nr. 1 ("Freche Orchesterscherze") und Nr. 2 ("Die Glocken"). Ersteres ist noch mit Abstand das Hörenswerteste auf der ganzen Scheibe - wahrscheinlich deswegen, weil es sich stark an Schostakowitsch orientiert und mit frechen Posaunenglissandi, lustigen Schlagwerkeinlagen usw. usf. aufwartet. Das Stück wird von Pletnev auch recht eindrucksvoll interpretiert; ganz im Gegensatz zum zweiten Konzert, das nur schrill, laut und banal klingt. Nach zehneinhalb Minuten ist man richtig froh, daß alles vorbei ist und man zum Ohrenputzen etwas anderes hören oder einfach die Stille genießen darf.
Insgesamt ist die "Carmen-Suite" eine sowohl schlechte als auch zutiefst unnütze Neuerscheinung. Es gibt sicher Interessanteres, das man aus den Archiven hervorholen könnte!
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