Huch! Die Gothic-Metal-Pioniere Lacrimas Profundere haben verkündet, in diesem Genre könnten sie sich nicht weiter entfalten, die Zeit sei reif für neue Formen des Ausdrucks. Was dabei herauskam? In diesem Fall glücklicherweise eine wunderschöne, dunkel-melancholische Rockplatte.
1993 stand der bayrische Gitarrist und Songwriter Oliver Schmid mit seiner Begeisterung für Goth-Death-Metal à la "Shades of God" von Paradise Lost noch ziemlich alleine da. Um überhaupt die Art Musik machen zu können, die ihm vorschwebte, mußte er selbst eine Band gründen: Lacrimas Profundere. Tief grollender Death-Metal-Gesang, düster-harte Gitarrenriffs und dazu eine glockenhelle Frauenstimme und Violinbegleitung prägten jahrelang den Sound der Band.
Daß nun eine neue Ausrichtung erfolgte, ist an sich nicht erstaunlich, denn seit dem Vorgänger "Memorandum" ist Band-intern viel passiert: Vier Mitglieder haben den Trupp verlassen, infolgedessen sind Harfe und Violine weggefallen - und Sänger Christopher hat erklärt, keine Lust mehr auf Growls zu haben. Im Zuge dieser Veränderungen wurde insgesamt das Tempo etwas schneller und treibender; auch der zuvor sehr prägnante Frauengesang tritt in den Hintergrund. Die düsteren, kraftvollen Riffs und eingängigen Melodien der früheren Alben blieben jedoch erhalten. Und mit der tiefen, ausdrucksvollen Stimme Christophers läßt sich auch ohne weitere Vocals eine schaurig-schöne Atmosphäre kreieren.
Denn eines wird beim Anspielen sofort deutlich: Bei allen Neuerungen sind Lacrimas Profundere nicht fröhlicher oder oberflächlicher geworden, sondern streben weiter danach, ihrem Namen treu zu bleiben. Dieser ist lateinisch und bedeutet "Tränen vergießen". Der Titel des Intros, "Melantroduction", ist ebenfalls durchaus wörtlich zu nehmen: Bei der Platte hat man es mit einer Einführung in die Melancholie zu tun. Schwere, düstere Gitarren verbinden sich mit sanften Keyboard-Klängen und treibendem Schlagzeug zu einem harmonischen Ganzen. "Burning: A Wish" ist in sich geschlossen und kompakt, ohne je eintönig zu wirken.
Anspieltip: "Solicitude, Silence". Mit zahlreichen Tempowechseln, ausgefeilter Instrumentierung und der Kombination von klaren Vocals und gelegentlichen Growl-Zwischenstücken gibt der Song einen repräsentativen Einblick in das neue stilistische Spektrum der Band. Die perfekte Scheibe für einen Abend bei Kerzenschein und Rotwein: Dieses Werk hat mit Metal wirklich nicht mehr viel zu tun, aber dafür sehr viel mit innovativem Gothic Rock.
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