Thom Fitzgeralds "The Hanging Garden" zeichnet ein tragisches Porträt einer mißratenen Familie und ist dabei ein glänzendes Plädoyer für Selbstfindung und Selbstverwirklichung.
William (Chris Leavins) ist in einem Vorort einer kanadischen Großstadt aufgewachsen, inmitten der wild-prunkvollen Gärten seines cholerischen Vaters Mac (Peter MacNeill), der ihn unbarmherzig und mit Schlägen zum Profi-Floristen gedrillt hat. Als Teenager war er unglücklich, erstaunlich fettleibig und gequält von dem Begehren nach der Liebe seines besten Freundes Fletcher (Joel S. Keller), der zwar auch schwule Tendenzen hatte, sie aber nicht auszuleben wagte und es deshalb mit Williams Schwester Rosemary (Kerry Fox) hielt.
Irgendwann brach William mit seiner Familie und ging in die Stadt. Zehn Jahre später kehrt er zum ersten Mal wieder zurück - anläßlich der Hochzeit von Fletcher und Rosemary. Und nichts hat sich verändert: Mac säuft, flucht und gebärdet sich wie eh und je, Rosemary ist nach wie vor vulgär und laut, und Williams Mutter Iris (Seana McKenna) frißt noch immer still ihr Leid in sich hinein, anstatt sich duchzuringen, die Familie endlich zu verlassen.
Alte Gefühle und unbewältigte Probleme brechen hervor; William, nun rank und schlank, selbstbewußt und bekennend homosexuell, wird von Visionen geplagt. Seine kleine Schwester Violet, die er bislang nicht kannte, ist der einzige Lichtblick für ihn. Seine Großmutter ist dank Alzheimer mittlerweile völlig weggetreten und fällt allen nur noch zur Last. William hat noch einige Rechnungen offen: mit seiner Mutter, seiner Schwester und mit deren Neo-Gemahl. In dieser einen Hochzeitsnacht klären sich die alten Geschichten bis auf den letzten Rest. Und danach wird nichts sein wie vorher...
Mit subtiler Spannung, surrealen Elementen und einer eleganten Erzählstruktur in Rückblenden und Kapiteln, getragen von einer hervorragenden Schauspielerriege, erzählt Fitzgerald seine Geschichte über verdrängte Gefühle, grobe Umgangsformen, kleinbürgerliche Geheimnisse und die Selbstfindung, zu der jeder fähig ist, wenn er genug Mut hat.
Daß der Film erst jetzt und überhaupt in unsere Kinos kommt, hat wohl nur einen einzigen Grund - und der heißt Kerry Fox. Die australische Theaterschauspielerin feierte bereits in "An Angel at My Table" (nach Jane Austen) und im Danny-Boyle-Debüt "Shallow Grave" internationale Erfolge. Derzeit ist sie bei uns in dem vielbeachteten, leicht überschätzten und unnötigerweise zum Skandalfilm hochstilisierten Streifen "Intimacy" zu sehen. In "The Hanging Garden", einem kleinen, aber äußerst feinen Film, der sich wie das gesamte kanadische (Autoren-)Kino stark vom US-Kino unterscheidet, spielt sie übrigens besser als in "Intimacy".
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