Selbst das Leben als Popstar hat seine Schattenseiten. Und wie schattig die sind, das beweist Flightcrank alias Leeroy Thornhill mit seinem ersten Album "Beyond All Reasonable Doubt". Seine mit zehn Jahren bei The Prodigy abrechnenden Texte kommen von (einem schwer beschädigten) Herzen. Wenn die Sache nur musikalisch etwas mehr zu bieten hätte...
Das Leben eines Popstars hat es in sich: Geld, Frauen, Drogen und viel, viel Spaß - alles Klischees, die man so mitbekommt; die Nachteile würde man gern in Kauf nehmen. Eine ähnliche Einstellung dürfte Leeroy Thornhill, tanzender Derwisch des Underground-Kommerz-Wunders The Prodigy, zehn Jahre lang gehabt haben. In die Komposition und Produktion der Millionen-Seller seiner Band nicht weiter involviert, durfte er ein ganzes Jahrzehnt lang Licht- wie Schattenseiten des globalen "Super-VIP-tums" genießen. Im Februar 2000 war das Maß voll; sogar seine Haare hatten auszufallen begonnen. Und so wurde Thornhills Soloprojekt Flightcrank geboren.
Nun steht sein erster Longplayer "Beyond All Reasonable Doubt" in den Regalen. Vermutlich war die Versuchung groß, solo auf den stilistischen 8-Spur-Highway der Exfamilie aufzuspringen und am Weg das Cash einzusammeln. Würden doch Name und Geschichte selbst bei einem musikalischen Desaster ausreichen, einige Goldene einzusacken. Aber das Leben als Hinterbänkler einer internationalen Startruppe dürfte für Flightcrank viel Bitteres gehabt haben, denn sein Album ist eine desillusionierte, zornige und frustrierte Abrechnung mit der Vergangenheit.
Unerwartetes kommt aus den Boxen; düstere, teils aggressive Beats und Grooves in erprobter Tricky-Tradition dominieren die CD. Dazu verpaßt Leeroys an Finley Quaye erinnernde Stimme, die - anders als die Musik gewordene Wut eines Tricky - den Tracks eine Art Liedermacher-Flair; quasi Folk-TripHop. Nur ist der Gesang eher ein Versuch denn ein fertiges Produkt. Er wirkt schwächlich und überfordert, Substanz und Charakter fehlen oft. Was man hört, ist die ehrliche Anstrengung, den Erwartungen gerecht zu werden. Auch der Sound schafft es nicht, mit der Intensität und Qualität des Originals mitzuhalten. Deutlich wird das bei den Instrumentalstücken, die meist nur aus wenigen, schnell langweilig klingenden, einfältigen Loops bestehen. Ob hier wirklich nur etwas Übung und Erfahrung fehlen?
Mit "Amazing" (der ersten Single-Auskoppelung) findet sich auf der CD auch schöner FolkHop, der in seiner Fröhlichkeit im krassen Gegensatz zum dunklen "Meta-Vibe" des Albums steht. Zwei weitere "Balladen", die eins zu eins das Strickmuster des "Chart-Breakers" in spe übernehmen, dämpfen die sich gerade erst ins Positive wendende Meinung aber sofort wieder.
Eines muß man Leeroy Thornhill jedoch lassen: texten kann er. Die Auseinandersetzung mit den Höhen und Tiefen seiner Existenz als Prodigy-Mitglied gehen in ihrer Intensität schnell unter die Haut. Und auch musikalisch ist das Potential nicht gänzlich zu leugnen. Ein paar Gesangsstunden, eine größere Breite in der Wahl der Beats und Grooves und etwas Mut zur Eigenständigkeit hätten aus "Beyond All Reasonable Doubt" ein gutes, unterhaltsames Album machen können. Stattdessen versucht es sich als schwächliches Plagiat von "Bristol´s Finest" Tricky. Ist doch schade!
Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.
|