Syrup lassen auf Ihrem Album "Different Flavours" die Zeit des gefälligen Acid Jazz - der Cocktailbar-Musik der beginnenden 90er Jahre - wieder aufleben. Aber sollte man nostalgische Musikzitate wirklich noch einmal recyclen?
Das Musiker- und Produzentenkollektiv Syrup aus München ist eine umtriebige Bande: Unter dem Namen Poets Of Rhythm kämpft es für die Wiederbelebung von Rare Groove (deutsche Version); nebenbei hat es seine Finger beim Nu-Jazz-Projekt Beanfield im Spiel - und gelegentlich taucht es auch als Space Clique oder Bassline Members auf. Mit ihrem neuen Album "Different Flavours" schwelgen die Herrschaften nun in Acid-Jazz-Nostalgie.
Zu Beginn der 90er Jahre, also kurz vor dem endgültigen Durchbruch repetitiver elektronischer Tanzmusik (Techno, House, Jungle etc.) in breitere Publikumskreise, kam es noch einmal zu einem massiven musikalischen Backlash von "echtem, handgespieltem Funk". Die Veröffentlichungen der Londoner Labels Acid Jazz und Talking Loud zwischen 1988 und 1992 sind die bekanntesten Beispiele für den Versuch, die Ästhetik einer schon lange zuvor etablierten Fusion aus Soul, Funk und Jazz in einen "modernen" Kontext zu übersetzen. Wer nachforschen möchte, zu welchen Ergebnissen diese Verschmelzungen führten, kann das wahlweise auf den Spätsiebziger-Platten von Leuten wie Donald Byrd, Herbie Hancock oder David Sanborn erfahren bzw. gleich bei Incognito und den Brand New Heavies nachhören.
Letztere lieferten zu jenem Dekadenwechsel auch den Soundtrack für cocktailschlürfende Yuppies, denen die offensive Rhythmik von House zu schweißtreibend und die rauhe Straßen-Metrik von HipHop zu agressiv war. Das scheint auch exakt der Bezugsrahmen zu sein, in dem sich Syrup wohlfühlen. Durch die auf "Different Flavours" vorherrschenden Sounds (stromlinienförmige Horn-Sections, plakative Gitarrenlicks und schöngeistiges Geklimper) erhält zuminderst der Projektname eine tiefere Bedeutung: Syrup sind eine klebrige Angelegenheit. Unklar bleibt jedoch, welche Art von Differenz die "Different Flavours", die man uns hier verkaufen will, tatsächlich markieren: von der Schwemme computergenerierter Produktionen? Von den anderen Musikern/Bands, die das selbe Segment beackern? Oder von allem auf einmal?
So verschieden, abweichend oder anders sind Syrup im direkten Vergleich mit bereits Gehörtem mit Sicherheit nicht. Sie vereinen mit gekonnter Handwerkskunst diverse Versatzstücke aus dem großen Fundus der Black Music, kombinieren ihre Kreativität mit traditionellen Formen der späten 70er und frühen 80er - auch Giorgio Moroder und die Munich Machine lassen grüßen. Konnte man bei ihrer Debüt-Single "Sweat Shop" noch beide Augen zudrücken und das Ganze als Späßchen unverbesserlicher Nostalgiker durchgehen lassen, wird´s im Album-Format eher langatmig. Im Grunde genommen hat man es nur mit einer weiteren Variation des "billigen Schwindels" zu tun: eine relativ belanglose, verdaddelte Jam-Musik, die gern auch mal bourgeoise Selbstzufriedenheit ausstrahlt, mit "Coolness" in Verbindung zu bringen. Zu offensichtlich sind die musikhistorischen Verweise, zu durchschaubar der Bauplan. Syrup schwelgen in Reminiszenzen an eine Epoche, deren Standards so aufregend wirken wie vergammelter Käse. Doch mit Traditionsbewußtsein allein läßt sich heute kein Blumentopf mehr gewinnen.
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