Die Jazzkantine ist schon seit so vielen Jahren fixer und tragender Bestandteil der deutschen HipHop-Szene, daß sie es mit "In Formation" bereits auf ihr fünftes Album gebracht hat - trotz diverser Soloprojekte einzelner Kollektivmitglieder. Nun liefern die Beat-Jazzer ein weiteres Mal grundsolide Arbeit.
Geht man in der Musikgeschichte zu jenem Zeitpunkt zurück, an dem die Menschen langsam aufhörten, bei der Bezeichnung "deutscher HipHop" laut loszulachen, so findet man nicht viele Figuren, deren Arbeit für diesen Umschwung verantwortlich zu machen ist. Neben den übergroßen Fantastischen Vier, die nach wie vor wie Atlas in der Musiklandschaft stehen, gehört zweifellos die Jazzkantine zu dieser Gruppe. Inspiriert von Gurus legendärem Projekt Jazzmatazz, begann das Braunschweiger Musikerkollektiv in den weiten Ebenen unseres Nachbarlandes nach zusätzlichen Beat´n´Groove-Bastlern und Jazz-Musikern zu fahnden und fabrizierte daraus das erste Treffen von deutschem HipHop und (mehr oder weniger) klassischem Jazz.
Ihre Musik war so gut und der Erfolg so überwältigend, daß die Jazzkantine bis vor kurzem ganze vier Alben auf ihrem Konto verbuchen konnte. Und da auch die musikalische Experimentierfreude der potentiellen Hörer/Käufer beständig (wenn auch langsam) größer wird, war ein fünfter Longplayer nur eine Frage der Zeit. "In Formation" heißt das neue Album - und ist in vieler Hinsicht ein klassisches Werk aus der Kantine. Auf den ersten Blick fällt vor allem eines auf: Anders als bei den Vorgänger-CDs hält sich die Zahl eingeladener Szene-VIPs (z. B. Teile der Fanta 4, Freundeskreis, Wu-Tang Clan, Fünfhaus Posse etc.) eher in Grenzen. Die noch am ehesten bekannten Gäste auf dem jüngsten Tonträger sind Pee Wee Ellis und der japanische Jazz-Trompeter Toshinori Kondo (der in Sachen HipHop auch schon ein Album gemeinsam mit Japans Beat-Export Nr. Eins, DJ Krush, im CV stehen hat).
Abgesehen davon halten sich die Überraschungen bei "In Formation" in Grenzen. Die Grooves hängen fröhlich in der Luft und verbinden sich brüderlich mit den jazzigen Live-Instrumenten - sehr old-school, sehr solide. Auch die Texte sind unverändert unprätentiös, wenngleich sie bei dem Bemühen, nur ja inhaltliche Tiefe zu erlangen, gelegentlich etwas gezwungen kritisch und abgeklärt wirken, wobei der Humor streng an der Leine gehalten wird. Die Jazzkantine ist eben die Jazzkantine: beständig gut, unaufdringlich anspruchsvoll und musikalisch fest auf dem Boden der Tradition. Wer Konstanz sucht und gleichzeitig die alte Kantine mochte, wird mit "In Formation" bestens bedient.
Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.
|