Es ist noch gar nicht so lange her, daß DJ Krush sein letztes Album "Kakusei" veröffentlicht hat. Etwas weniger als ein Jahr hat es gedauert, bis "Code 4109" fertig war - ein Mix/Remix-Album der besonderen Art.
Spricht der Gelehrte über Japan und HipHop, so fällt unweigerlich der Name DJ Krush. Krush ist der allseits anerkannte Motor hinter Nippons gebrochenen Beats, und das nicht nur in seiner Heimat, sondern auf allen Kontinenten. Begonnen hat er seine Karriere in den 80er Jahren, als vom Streifen "Wild Style" inspirierte Kopie der US-Rap-Szene, unter dem Namen Krush Posse. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, daß hier mehr am Werk war als ein herziger Japaner mit DJ-Ambitionen.
Im Laufe der folgenden Jahre wurde seine musikalische Ausrichtung deutlicher: kein grölendes Geschrei mit nervender Selbstbeweihräucherung, sondern meist instrumentale Tracks, komplizierte Beat-Strukturen und abstrakte Soundscapes mit eingebetteten Sample-Türmen und meisterhaften Scratch-Schnitzereien. Vervollständigt wurde der "klassische Krush" durch eine hohe Dosis Jazz in allen Formen und Variationen, mit besonderem Augenmerk auf kühle Free-Jazz-Elemente; seine Faszination für diese amorphe Stilrichtung lebte er erst mit "Ki-Oku", einer genialen Kollaboration mit dem japanischen Jazz-Trompeter Toshinori Kondo, richtig aus. Der Durchbruch kam 1994 mit "Strictly Turntablized" auf dem englischen Mo´ Wax-Label. Spätestens seither haftet ihm das Etikett für hochwertige Abstract-HipHop-Kost an.
Die soebene erschienene CD "Code 4109" ist ein (Re)Mix-Album mit besonderer Note. Sowohl eigene Tracks (wie z. B. das phänomenale "Final Home" feat. Esthero), wie auch Fremdproduktionen werden hier neu interpretiert und eingekleidet, teilweise gebündelt und schlußendlich zu einem neuen Ganzen vermengt. Daß DJ Krush keine Probleme hat, prominente Namen für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, zeigten seine bisherigen Kooperationen mit Musikern wie Guru oder Bill Laswell. Auch für "Code 4109" stellten ihm ein paar verkaufszahlenfördernde Künstler ihr Material zur Verfügung - u. a. sind dies DJ Cam, Frankreichs Sound-Bastler Nr. 1; die am Prominenz rasant gewinnenden Jazzanova aus Berlin (der Remix von "Coffee Talk" gehört zu den Juwelen dieser CD); Eminem, der weißeste aller B-Boys (zusammen mit Old World Disorder); und Beats International (mit dem alten, doch nach wie vor wunderbaren Titel "Just Be Good To Me").
"Code 4109" ist kein klassisches DJ-Krush-Album, aber seine Handschrift ist - nicht nur wegen der vielen eigenen Stücke - nicht zu übersehen. Für manche, denen Krush pur vielleicht zu kantig und schwer ist, könnte diese Platte der perfekte Einstieg in das Sound-Universum des größten (und einzigen) japanischen HipHop-Stars sein. "Code 4109" ist zwar keine leichte Kost, doch eine Empfehlung an alle, die Dope Beats in all ihrer Komplexität studieren und dabei nicht auf einen guten Groove verzichten wollen. Prädikat: Schlager für Fortgeschrittene.
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