Wenn Frischverheiratete sich noch bei der Hochzeit mit der Krawatte selbst erdrosseln und eine junge Athletin erst zu laufen aufhören kann, als ihr Bein entzweibricht, dann weiß man, was einem bevorsteht: Japan schenkt uns einen neuen Horrorfilm und haucht dem totgeglaubten Genre neues Leben ein.
Irgendwie seltsam, daß die besten Horrorstreifen derzeit aus Asien kommen - und damit sind nicht irgendwelche Komödien oder Hommagen an Genre-Klassiker gemeint, sondern eigenständige Produktionen, die sich selbst noch halbwegs ernst nehmen. Erst vor kurzem sorgte im Land der aufgehenden Sonne der auf Koji Suzukis Roman basierende Blockbuster "Ring" für Aufregung. Auch in Korea weiß man inzwischen, wie der Hase läuft: "Soul Guardians" war der Film, der "End of Days" gern gewesen wäre, allerdings mit einem kräftigen Schuß Romantik à la "Chinese Ghost Story".
Während der Horror in Japan weiterhin zu boomen scheint wie nie zuvor ("Ring - Zero", der dritte Teil der ungeheuer grusligen Story rund um ein verfluchtes Video-Bootleg, und "Isora" sind dort gerade an den Start gegangen), erhält unsereins durch die Veröffentlichung von "Hypnosis" auf DVD die Gelegenheit, wenigstens ein bißchen am Nektar der Götter mitzunaschen.
Zur Handlung: Eine Reihe mysteriöser Todesfälle stellt die Polizei von Tokio vor ein schier unlösbares Rätsel. Da haben ein paar lustige Japaner anscheinend völlig unmotiviert Selbstmord begangen, und das ausgerechnet während ausgesprochen freudiger Anlässe. Daß es sich dabei um keinen neuen Modetrend handeln kann, ist zumindest Detective Sakura klar - denn es gibt eine Verbindung zwischen den Opfern. Bevor sie sich ins Reich der Engel und verstorbenen Tamagotchis katapultiert haben, waren ihre letzten Worte stets die gleichen: "Green Monkey".
Unterstützt durch den jungen Psychologen Saga, hat Sakura auch bald eine Lösung parat, doch leider will niemand dem dynamischen Duo seine Hypnose-Theorie abnehmen. Als sie schließlich nach Beweisen suchen, um dem Spuk ein Ende zu setzen, erfassen sie erst das wahre Ausmaß der Geschichte. Die Selbstmörder waren nämlich nicht die einzigen, die unter Hypnose standen...
Was als "ganz normaler" Psychothriller beginnt, entwickelt sich rasch zu einem der wohl schönsten Horrorfilme der letzten paar Jahre, bei dem man sich wehmütig an Filme wie "Der Exorzist" oder "Poltergeist" erinnert. "Hypnosis" besitzt dieses gewisse Etwas, das die Highlights des Genres auszeichnet. Regisseur Masayuki Ochiai hat - im Gegensatz zu seinen amerikanischen Kollegen - begriffen, wie man heutzutage noch Grauen auf die Leinwand bannen kann, ohne dabei die SFX-Abteilung Amok laufen zu lassen.
Statt mit bluttriefenden Materialschlachten oder unzähligen Filmzitaten zu langweilen, fasziniert er, ganz in "Ring"-Manier, mit herrlichem Psychoterror made in Japan, der wohl am ehesten mit den vor allem in den 60/70ern populären "Kaidan-Filmen" (z. B. "Kuroneko" oder "Kwaidan") vergleichbar ist. Trotz inhaltlicher Parallelen zu Kiyoshi Kurosawas "Cure" aus dem Jahre 1997 versteht es Ochiai, den Hypnose-Plot auf gänzlich andere Art und Weise zu verpacken und liefert mit "Hypnosis" den entgültigen Beweiß, daß die Kreativität der asiatischen Filmemacher nicht vom Fließband kommt.
Das Wissen, daß man einem so populären Genre den Stempel der neunziger Jahre aufdrücken kann, ohne es dabei der Lächerlichkeit preiszugeben, wird wohl nicht nur Fans erfreuen. Endlich hat der Horrorfilm wieder eine Zukunft!
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