Die Hammond-Orgel ist einfach nicht umzubringen. Nach den eher geschmäcklerischen Absonderungen der Acid-Jazz-Bewegung liefern Sugarman Three jetzt wieder ein funkig-bluesiges Album mit der berühmten B-3 im Vordergrund.
Inspiriert durch den Organisten Wild Bill Davis, entschloß sich der junge Pianist Jimmy Smith in den frühen 50er Jahren, seine musikalische Ausrichtung nochmals zu überdenken, den Ankauf einer Hammond-B-3-Orgel zu tätigen und sich vier Monate lang extensiv mit dem neuen Instrument zu befassen. Das Ergebnis dieser karrieretechnischen Konsolidierung machte Jazz-Geschichte und sicherte der Hammond-Orgel einen Platz im Pantheon der musikalischen Kultobjekte. In den 60er Jahren folgte daraufhin eine Invasion genialer "Organ-Jazz"-Releases à la Jimmy Mc Griff, Brother Jack McDuff, Shirley Scott, Big John Patton, Charles Kynard, Odell Brown - um nur einige zu nennen.
Die auf Gospel-Harmonien basierenden Jazzstücke fanden auch im R&B-Lager Anklang und wurden unter der findigen Ägide Funk-geladener Bands wie Booker T. & the MGs, Jr. Walker & the All Stars oder Billy Larkin and the Delegates zum instrumentalen Fundament des Soul-Movements der Sixties. Gegen Ende des Jahrzehnts galt die Hammond schließlich als integraler Bestandteil des Beat, Soul, Psychedelic Rock, Soul Jazz, Latin Rocks und Funk; sie avancierte somit zum Leitinstrument der Dekade. Obwohl die B-3 in den 70er Jahren der Konkurrenz durch Moog und Synthesizer-Piano zum Opfer fiel, behielt sie im Kreise einer kleinen, loyalen Fangemeinde stets ihren Kultstatus. Vor allem die Acid-Jazz-Bewegung der frühen Achtziger und Neunziger verhalf dem Hammond-Sound zu neuem Glanz und sorgte dafür, daß sich eine neue und jüngere Generation mit dem Soul-Jazz-Virus infizierte.
Eben jener Generation gehört auch die New Yorker Band Sugarman Three an, die sich mit ihrem Debüt "Sugar´s Boogaloo" vor zwei Jahren in die vordersten Reihen der retro-orientierten Organ-Combos bugsierte. "Sweet Spot" lautet der Titel des aktuellen Releases, der erneut in punkto Funkiness und Originaltreue kaum zu wünschen übrig läßt. Der im Zusammenhang mit Retromusikern immer wieder erhobene Vorwurf des kulturellen Eklektizismus läßt sich in Bezug auf die Band nur bedingt geltend machen. Obwohl sämtliche Platten der Sugarman Three wie ein Plagiatgemisch aus James Brown, Grant Green, Lou Donaldson, Jack McDuff und The Meters klingen, vermengen Neil Sugarman und Konsorten ihre diversen Einflüsse so, daß sich die musikalischen Resultate nicht wie reine 1:1-"Ripoffs" anhören, sondern vielmehr eine Gleichzeitigkeit der Stile, Strömungen und musikalischen Nuancen der "Organ Era" erzeugen: ein Suchspiel für Genre-Fans (... those early Odell Brown Horns with the funky Bernard Purdie Drums ...) und eine nette Einstiegsdroge für Beginner.
Vor allem die ersten beiden Tracks, "Last Train to Newark" und "Turtle Walk", präsentieren die Band "up-tempomäßig" in Höchstform und vermitteln ein wenig von jener nervös-euphorischen, go-go-kompatiblen Energie, die auch die Live-Auftritte der Formation auszeichnet. "Sock Monkey" reduziert das Tempo um einige Gänge und liefert eine Blues-lastige Ballade, während "Daisy´s Boogaloo" den gleichnamigen Latin-Dancecraze der späten 60er wiederbelebt. Der Rest des Albums bewegt sich in einem konstanten Spannungsfeld aus Boogaloo-Soul und Jazz und bietet alles, was man sich von einem wahren Orgelklassiker erwartet: bluesige Guitar-Licks, funkige Breaks, hypnotische Saxophonsoli und hart groovende Orgelpassagen. Love it or leave it!
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