Bei den CD-Produzenten herrscht einerseits Geldmangel und andererseits wieder eine Art "Quotendruck". Echte Stars fehlen, und die meisten Opern liegen bereits in zahlreichen Referenzaufnahmen vor. Da müssen dann eben "Größen" wie Andrea Bocelli und José Cura herhalten - mit leider sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
"Der Bajazzo", als Einakter auf der Bühne meistens mit Mascanis "Cavalleria Rusticana" gekoppelt, hat auf dem Tonträgermarkt schon beachtliche Einspielungen erlebt. Da hat es ein angeblicher Startenor wie José Cura natürlich schwer, ein auch nur annähernd gleichwertiges Niveau zu erreichen. Der Sänger besitzt zwar ein weitaus schöneres Stimmaterial als Bocelli (obwohl das zugegebermaßen reine Geschmackssache ist), aber er kämpft auch mit der Stimmführung. Deshalb versucht er immer wieder wie Domingo und Carreras gleichzeitig zu klingen, was ihm meist peinlich mißlingt. Kurzum - Cura hat eher einen klingenden Namen als eine klingende Stimme.
Positiv an ihm ist zu vermerken, daß er in jedem Takt - ja, in jeder Note - versucht, ein ausdrucksstarker Darsteller zu sein. Dies gelingt ihm auch nahezu vollständig, wenn ihm dabei auch immer wieder die Kontrolle über die Stimme abhanden kommt.
Ganz anders seine Gesangskollegen: Barbara Frittoli ist eine hervorragende Nedda; mit ihrem glockenreinen Sopran verführt sie im Vogellied direkt zu Höhenflügen, und im Finale übertrifft sie Cura mühelos. Simon Keenlyside als Liebhaber Neddas und Carlos Alvarez als Tonio halten das Sängerniveau ebenfalls hoch.
Riccardo Chailly hat sein Concertgebouw Orchestra erstmals in die Welt der italienischen Oper entführt. Dieser Ausflug gelang recht vielversprechend. Das Weltklasseorchester betont die symphonische Instrumentierung von Leoncavallos Meisterwerk, ohne jedoch zu vergessen, daß es Sänger zu begleiten hat. Chailly beweist einmal mehr, was für ein hervorragender Dirigent er ist. Sein Talent ist im Hinblick auf Opern vor allem im Verismo ausgeprägt - hier reussiert er in voller Länge. Das einzige - wenn auch winzige - Minus ist, daß er ein bißchen zu sehr auf klangliche Weichzeichnerei macht. Die für Decca-Verhältnisse fast schon als schlecht zu bezeichnende Aufnahmetechnik tut das übrige, um den Gesamteindruck zu schmälern: So wenig räumlich, differenziert und dynamisch kam schon lange keine Produktion mehr aus dem Hause des blau-roten Labels.
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