Neben Bounty Killer ist Beenie Man wohl der derzeit bekannteste Dancehall-Reggae-DJ. Sein neues Album stellt den Versuch dar, dem musikalischen Ghetto der Dancehall-Szene zu entfliehen und seinen Sound einem breiterem Publikum zugänglich zu machen. Die Vermischung des jamaikanischen Stils mit HipHop könnte ihm beim neuerlichen Einzug in die US-Charts helfen
"Beenie" ist das jamaikanische Slangwort für "klein". Das war Anthony Moses David alias Beenie Man auch, als er mit zarten acht Jahren seine musikalische Karriere als Sänger und DJ in kleinen jamaikanischen Klubs begann. Seither ist er ziemlich gewachsen, und das nicht nur in Sachen Körpergröße; auch sein Bekanntheitsgrad hat - spätestens seit seinem 1998er Hit "Who Am I" - außerhalb der Dancehall-Szene stetig zugenommen.
Das neue Beenie-Man-Album "Art and Life" scheint zugleich eine New-School-HipHop-, R´n´B- und Old-School-Dancehall-Platte sein zu wollen. Die erste Hälfte der 17 Songs weist einen massiven HipHop-Einfluß auf - wahrscheinlich werden aus diesem Teil der CD auch die Hitsingles kommen. Im "Rockwilder-Remix" von "Love Me Now" rappen der Refugee Wyclef und Wu-tang Redman zusammen mit Beenie; hier bleibt dann auch nur mehr wenig von den jamaikanischen Roots der Musik über, abgesehen vielleicht von Beenie Mans unverkennbarem "zugga-zow, zigga-zow", das sich gelegentlich mit dem tausendmal gehörten "motherfucker" von Redman abwechselt. Daß dieselbe Nummer fünf Stücke später in einer etwas anderen Version, in der ebenfalls Wyclef mitmischt, noch einmal auftaucht, ist ebenso langweilig wie überflüssig. Beim zweiten Mal endet "Love Me Now" in einem Gospel-Chor, der "We Shall Overcome" anstimmt, ein Lied, das wohl wirklich kein Mensch mehr hören kann.
"Hitverdächtig" sind auch die Tracks mit den R´n´B-Stars Mya in "Girls Dem Sugar" und der "Diva" Kelis in "Jamaica Way". So etwas mag die Masse: eine Frauenstimme, die den Refrain versüßt. Meistens bedeutet Massenkompatibilität zwar das Gegenteil von Qualität, doch in diesem Fall sind die zuckersüßen Stimmen dezent und angenehm eingesetzt, ohne den Song zu verkitschen. Wirklich gut ist "Art and Life" allerdings in den Stücken, wo die Sounds auf die bekannten Dancehall-Rythmen reduziert werden, der Gesang zu Maschinengewehr-Rap im Ragga-Stil wird, und auch die Refrains nicht mehr so ohrwurmlastig und melodiös sind.
Alles in allem gilt hier wieder einmal, daß etwas weniger mehr gewesen wäre. Könnte man auf einer CD einzelne Stücke löschen, dann ließe sich aus "Art and Life" eine hervorragende Platte zaubern. So bleibt nur die Skip-Taste des Players...
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