Mit "Age of Sail II" präsentiert Talonsoft den Nachfolger des stark unterschätzten Kultspiels "Age of Piracy". Während beim Vorgänger noch kleine Schlachten zwischen wenigen Schiffen im Vordergrund standen, geht es hier schon anders zur Sache. Als Flottenkommandant von bis zu mehr als 20 Schiffen darf der Spieler sein Glück in historischen Seegefechten versuchen.
Über 100 einzelne Missionen und mehrere große Kampagnen stehen dem Spieler bei "Age of Sail II" zur Auswahl. Der Krieg von 1812, die Abenteuer von Admiral Nelson, ein kurzes Szenario während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs und die hervorragende Rußland-Türkei-Kampagne sorgen für lange Stunden mit viel Abwechslung vorm Rechner.
Die Graphik des Spiels ist solide, aber nicht unbedingt auf dem heutigen Stand der Technik. Basierend auf Akellas 3D-Engine für "Sea Dogs" sorgt sie für hervorragend detaillierte Schiffsmodelle, die Kennern der Materie das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Alle Schäden, die die Schiffe während der Einsätze erleiden, werden genauestens dargestellt, von Löchern in den Segeln bis hin zu Masten, die unter dem Feuer der Kanonen zusammenbrechen und im Meer versinken. Leider kommt die Engine bei der Darstellung des Ozeans nicht ganz mit - und so erscheint das Meer häufig als eine etwas lieblose, schwach animierte blaue Fläche, die den Spieler nie so richtig in ihren Bann ziehen kann.
Der Sound besteht aus akzeptablen Effekten, die meist sehr gut zur jeweiligen Situation passen, aber irgendwie zu schwach für echten Kampflärm klingen. Besonders die Geräusche, die durch Kanonentreffer verursacht werden, erinnern öfter an schwachbrüstige Knallkörper als an richtige Kanonen. Im Hintergrund dudelt die meiste Zeit eine kaum wahrnehmbare Musik, die der Spieler nie bewußt registriert. Falls man sich die Mühe macht, die Lautsprecher ufzudrehen und der Musik kurz zu lauschen, stellt man beruhigt fest, daß man eigentlich nichts versäumt hat.
Leider wird der Spielspaß durch einige böse Mängel immer wieder stark getrübt. Im Game selbst äußert sich das vor allem durch einige Fehler in der AI der Computergegner. Weiters liegt offensichtlich ein Defekt in jenem Programmteil vor, der die Flottenbewegungen steuert. Ab und zu weigern sich die Schiffe nämlich, in der Formation zu segeln, die ihnen verdammt noch mal befohlen wurde. Manchmal wechseln sie auch willkürlich zwischen einzelnen Formationen hin und her, obwohl sie eigentlich gar nichts tun sollten.
Viel schlimmer sind allerdings eine nicht unbeachtliche Anzahl von Bugs und Systemabstürzen, die häufig während des Spiels auftreten. Ein wahres Highlight dieser Horrorshow ist die Tatsache, daß der Link, den der Installer auf dem Desktop hinzufügt, nicht funktioniert. Es wäre auch interessant, zu erfahren, wie die Designer den Beta-Testlauf gestartet haben; mit den eingerichteten Funktionen tut sich nämlich gar nix. Startet man das Spiel aus dem Programmenü oder über die Startdatei, gibt´s keine Probleme. Beim Starten des Spiels über die Autorun der CD kommt es jedoch nicht nur einmal zu einem Totalabsturz des Systems. Seltsamerweise treten diese Probleme nicht unter "Windows" 2000 auf.
Den Bugs im Spiel ist die "Windows"-Version wiederum ziemlich egal. Immer wieder kommt es zu C++-Runtime-Fehlern, die einen Crash zur Folge haben. Auch die Abstürze, die auftreten können, wenn das Game auf einem System mit Voodoo-3-Karten läuft, sind nicht unbedingt lustig. Fairerweise muß dazu gesagt werden, daß für "Age of Sail II" bereits ein Patch herausgebracht wurde, der einige dieser Mängel behebt. Dennoch bleibt das Spiel recht unstabil. Für Leute, deren System ohnehin etwas unrund läuft, empfiehlt sich die Deaktivierung des automatischen Scandisk nach einem Absturz.
Als einziger Vertreter seiner Art ist es für "Age of Sail II" nicht besonders schwer, den Titel "Bestes Spiel in diesem Genre" zu erzielen. Trotz der wackligen Performance bietet das Game eine Menge Spielspaß für die Freunde historischer Seeschlachten.