kid606 kann trotz seiner erst 20 Jahre auf eine beachtliche Diskographie zurückblicken und veröffentlichte unter anderem auf Labels wie Vinyl Communications, Mille Plateaux und Fat Cat. Neben dem hier vorgestellten Werk "kid606 and friends vol. 1" erschien vor kurzem auch ein Album auf Mike Pattons Ipecac-Label, das durch Veröffentlichungen der Melvins bekannt wurde.
Die Musik zu beschreiben, die kid606 heute macht, ist kein leichtes Unterfangen, sprengt er doch permanent jegliche Genregrenzen. Jungle-Digital-Punk-Noise-Electro-Techno-Hardcore-
Funk-Hiphop-ism (und die Liste könnte noch beliebig erweitert werden) kann daher nur als vage Beschreibung seines Sounds dienen.
Da ja heutzutage fast schon jeder mindestens ein eigenes Label besitzt, hat jetzt auch kid606 sein eigenes, das auf den Namen Tigerbeat6 hört und dessen erste Veröffentlichung nun mit "kid606 and friends vol. 1" - auf der er sich von seinen zahlreichen Freunden remixen läßt - vorliegt. Optisch erweckt die CD eher den Anschein eines notwendigen Übels - auf dem schlichten silbernen Cover sind gerade einmal die notwendigsten Informationen abgedruckt. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Release um die Art von CD, die in ein paar Jahren so gar nicht mehr veröffentlicht wird. So direkt hängt hier die Musik mit der globalen Vernetzung zusammen, daß Tracks und Samples oft nur mehr übers Internet ausgetauscht und auch gleich dort veröffentlicht werden. Die CD-Version stellt also nur noch für diejenigen eine Notwendigkeit dar, die keinen oder nur unzureichenden Zugang zum Daten-Highway haben.
Die Remixes der Scheibe sind ziemlich abwechslungsreich geraten, wobei die meisten Beiträge von nicht so bekannten Computerfreaks zu stammen scheinen, die kid606 wohl über das Internet kennengelernt hat. Zu den bekannteren Vertretern zählen der japanische Noise-Extremist Aube und Christoph de Babalon, der einen für ihn untypischen Track beisteuert, der sich wohl zum Ziel gesetzt hat, jegliche Songstruktur zu zerstören. Auf einen völlig durchgeknallten Jungle-Track, der beinahe sekündlich seine Drum-Patterns ändert, folgen Ambient-lastigere Stücke, die den Hörer dann doch hin und wieder fadisieren.
Manchmal kann man sich auch des Eindrucks nicht erwehren, daß die Remixerei in übertriebene Laptop-Spielereien ausartet. Doch dann wird wieder einmal der Drumcomputer angeworfen, der rhythmisch dahintuckert und von einer wunderbaren Popmelodie begleitet wird, sodaß man beinahe glauben könnte, die Computerchips hätten den Groove entdeckt und feierten eine fröhliche Party. Kurz darauf herrscht dann wieder diese digitale Schärfe vor - Sounds werden zerstückelt und bis zur Unkenntlichkeit weiterverwurstet, Knistern und Krachen schallt aus den Lautsprecherboxen, und hin und wieder verirrt sich sogar ein Beat hierher, der sich aber gar nicht wohl zu fühlen scheint und daher verängstigt wieder das Weite sucht.
Auf jeden Fall ist "kid606 and friends vol. 1" alles andere als eine dieser typischen Remix-CDs, die oft nur aus marktwirtschaftlichen Gründen veröffentlicht werden. Von eher kopflastigeren Stücken, die volle Aufmerksamkeit erfordern, bis hin zu absoluten Killer-Tracks, die allein für sich den Kauf schon rechtfertigen würden, wird hier alles geboten. Und das kann mutige Musikfans doch nur freuen.
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