Christian Thielemann, die große Hoffnung für das deutsche Repertoire, gab im Oktober 2000 sein Debüt mit den Wiener Philharmonikern im Musikverein. Sein orchestraler Einstand in dem traditionsreichen Gebäude bestand aus einem reinen Richard-Strauss-Programm. Neben der "Rosenkavalier-Suite" präsentierte er eine phänomenale Interpretation der "Alpensinfonie".
Die "Alpensinfonie" ist eines der monumentalsten Orchesterwerke der Musikgeschichte. Opulent instrumentiert, fordert die Partitur eine Riesenanzahl von Orchestermusikern (bis hin zu einer Windmaschine). Was im Konzertsaal zum Anhören faszinierend ist, kann für die Aufnahmetechniker ein Riesenproblem sein. Bei der vorliegenden CD ist dem Technikteam der Spagat aber bestens gelungen. Schon lange war keine so sauber ausbalancierte und differenzierte Tontechnik mehr zu hören.
Richard Strauss´ musikalische Gipfelwanderung ist Programmusik pur, was negativ klingt, aber gar nicht so gemeint ist. Eindrucksvoll beginnt das Werk mit der Morgendämmerung. Man geht an einem herrlich perlenden Wasserfall vorbei, passiert Kuhweiden, kommt zum majestätischen Gipfelsieg, muß sich durch ein Gewitter durchschlagen und beendet den Tag erwartungsgemäß mit einem Sonnenuntergang. Das alles ist plastisch komponiert und instrumentiert; der Hörer weiß sofort, wo er sich befindet und muß niemals im Programmheft oder gar in der Partitur nachlesen.
Übrigens hat sich der bayrische Meisterkomponist beim Gipfelsieg eine Anleihe von Max Bruchs Violinkonzert geholt. Aus dem berühmten langsamen Satz zitiert er ganz unverschämt den Seitensatz. Das verleitete einmal einen Kollegen Strauss´ zu der Aussage: "Wunderschöne Symphonie - nur beim Gipfelsieg haben Sie sich einen Bruch geholt."
Kehren wir aber wieder zur vorliegenden Produktion zurück: Christian Thielemann hat hier auch mit den Wiener Philharmonikern einen Gipfelsieg errungen. Er animierte die Musiker zu einem hochkonzentrierten Spiel; jede Stimmgruppe kommt klar zum Vorschein, ohne daß allzu aufdringlich analytisch musiziert wird. Thielemann weiß gekonnt die instrumentatorischen Effekte zu nützen, wobei er immer das Ganze vor Augen hat. Unterstützt wird seine Absicht von der diesmal erstklassigen Aufnahmetechnik.
Damit bekommt der Käufer eine der besten Aufnahmen dieser Symphonie. Als "Zugabe" findet man noch die Suite aus der Oper "Der Rosenkavalier", die die wichtigsten Stellen der Oper beinhaltet. Boshafte Zungen könnten behaupten, daß die gut 20 Minuten alles von der über dreistündigen Oper beinhalten und daß die Musik ohne Gesang sowieso besser klingt. Wie auch immer - diese Suite ist ebenso hervorragend interpretiert wie die "Alpensinfonie" und wertet die CD nur noch mehr auf.
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