Mit "Music For All Persuasions" meldet sich einer zurück, der zu den wichtigsten und gleichzeitig unbekanntesten Pionieren der britischen Dance-Szene zählt, nämlich Danny Briottet. Als die eine Hälfte von Renegade Soundwave schuf er Anfang der Neunziger einen Stil, der einerseits sehr dance-orientiert und andererseits vom englischen Gitarrenpop beeinflußt war.
1987 gründete Danny Briottet mit Gary Asquith und Carl Bonnie eine Band, die die Verschränkung von Indie-Pop und Dance-Kultur auf den Punkt brachte, ohne die andere große Band zu imitieren, die das zuvor schon geschafft hatte - New Order. Während bei denen nämlich immer der Song im Zentrum stand und sich die Lyrics mit Zwischenmenschlichem beschäftigten, schlugen Renegade Soundwave in eine etwas andere Kerbe. Die Hälfte der Stücke war instrumental gehalten, und die Vocal-Tracks behandelten die realen oder imaginierten Night-outs und Beschäftigungen der Bandmitglieder - inklusive Sex im Drogenrausch ("Cocaine Sex"), faszinierende Frauen ("Biting My Nails"), mißlungene Banküberfälle ("Probably A Robbery") und Duelle im All ("Space Gladiator"). Auch musikalisch ähnelten sich die eingeschlagenen Wege eher im Geiste als im Sound - wo New Order ihre Songs mit vielen Elementen anreicherten, um anschließend alles wieder zu komprimieren, wurde bei RSW jeder Track zum Breitwandepos aufgeblasen.
Vier Alben an den Schnittstellen von Pop, Elektro, Breakbeat und Prä-Big-Beat, die in kleinen Zirkeln noch immer kultische Verehrung genießen, wurden schließlich veröffentlicht - und einige der Instrumental-Tracks wie "Transworld Siren" oder "The Phantom" gehören immer noch zur Standardausrüstung jedes Elektro-, Big- und Breakbeat-DJs mit Stil.
1996 schließlich kam mit der Best-of-Compilation "RSW 1987-1995" der Abgesang auf das Phänomen RSW, und die auf das Duo Asquith und Briottet geschrumpfte Band war Geschichte. Danny Briottet fertigte unter den Projektnamen Subsonic Legacy und Dragonbass Soundsystem noch einige Remixes (u. a. für Depeche Mode, Cypress Hill und Moby) an, um anschließend ebenfalls von der Bildfläche zu verschwinden.
Doch das Weinen im Dunkeln hat nun ein Ende. Mit "Music For All Persuasions" meldet sich Danny Briottet gemeinsam mit RSW-Mischpult-Täter A. J. wieder zurück und legt zwar kein eigenes Werk, aber zumindest doch eine exzellente Mix-CD vor. Die verwendeten Stücke stammen komplett aus dem Back-Katalog des eher nur Insidern bekannten Labels 10 Kilo. So ist aber neben den Labelmates PFN, Waveform, Freakazoids, McMillan & Anderson, Rennie Pilgrim, Undergram und McMillan & South auch eine neue Version des RSW-Klassikers "The Phantom" enthalten, im Remix von Layo & Bushwacka. Die Vermutung, daß Briottet selbst der Boss von 10 Kilo Records ist, liegt nahe (und konnte leider nicht verifiziert werden!), da bei allen Stücken die Fusion von Elektro, Dub und Breakbeat auf Oberliganiveau funktioniert. File under: Partymusik, Prädikat wertvoll.
Und live in Wien gibt´s das auch noch: Danny Briottet ist Gast-DJ des nächsten "Klein Social Club" am 9. Februar in der Meierei im Stadtpark!
Renegade-Soundwave-Diskographie
Alben:
Soundclash (1987)
In Dub (1990)
Howyoudoin? (1994)
The Next Chapter of Dub (1995)
RSW 1987-1995 (1996)
Singles:
Kray Twins (1987)
Cocaine Sex (1987)
Space Gladiator/The Phantom (1989)
Probably A Robbery/Ozone Breakdown (1990)
Biting My Nails (1990)
Thunder (1990)
Women Respond to Bass (1992)
Renegade Soundwave (1994)
Positive ID (1995)
Brixton (1995)
(alles erhältlich über Mute Records/EMV)
Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.
|