"Tuvalu", Regieerstling des Deutschen Veit Helmer, ist das derzeitige Liebkind der Kunstfilmszene. Doch das einfältige Werk ist vor allem fad und trivial; es kommt ungefähr 100 Jahre zu spät.
In der Nähe eines Schiffsfriedhofs, in einem Land, das nur als tiefste 50er-Jahre-Ostblock-Provinz verstanden werden kann, in der verhaltensgestörte Flüchtlinge aus aller Welt vor sich hin leben, betreut der erziehungsgeschädigte, gänzlich weltfremde Anton (Denis Lavant) ein altes, öffentliches Jugendstilschwimmbad, das von seinem blinden Vater bademeisterisch geführt wird und die Abbruchsreife längst überdauert hat. Das Bad ist eine Bruchbude im klassischen Sinn. Rund um das Gebäude wurden auch schon alle anderen Häuser abgerissen und planiert; Antons Bruder Gregor (Terrence Gillespie) ist nämlich ein Baulöwe und will in dem Areal Plattenbauten errichten. Eines Tages spaziert ein alter Seemann mit seiner kleinen, geilen Tochter (Chulpan Hamatova) ins Bad und entwickelt sich sogleich zum Stammkunden. Anton verliebt sich in das konsequent im Minikleidchen auftretende Mädchen und bespannt es in den verfaulenden Badekabinen, wann immer es sich der Unterwäsche entledigt. Gregor dagegen will die Behörden dazu bringen, das Bad abreißen zu lassen. Also läßt er eines Nachmittags aus der löchrigen Decke einen Putzbrocken fallen, der den Vater des Mädchens am Hirn trifft und tötet. Mädchen ist deshalb böse auf Anton; nix mehr mit Liebe. Jetzt ist Gregor der Kavalier - und er will ihr auch helfen, den geerbten, völlig abgetakelten Fischkutter wieder hochseetauglich zu machen. Dazu braucht es aber ein Ventil aus der Dampfmaschine des Schwimmbades. Also wird es gestohlen - und damit werden schicksalshafte Ereignisse in Gang gesetzt...
Veit Helmer inszeniert sein Werk im Stil eines Quasi-Stummfilms, bräunt und bläut seine Schwarzweißbilder hier und da ein und erzählt eine auf infantilstem Niveau dahinmenschelnde Kindergeschichte mit bemüht surrealem Expressionismus. Wäre er nicht in Hannover geboren, würde man ihm ungespitzte DDR-Nostalgie vorwerfen können, so ergibt sich aber nicht einmal dieser Sinn für das Werk. Wer könnte also Gefallen daran finden? Am ehesten noch birkenstockschlapfentragende, geißbärtige, ungewaschene Hippies, die sich niemals einen Videorecorder leisten, dafür aber ein Mobiltelefon in indischem Weihwasser ertränken würden, und die nicht müde werden, in abstoßenden Diskussionsrunden zwischen Räucherstäbchen und vergilbten Buddha-Drucken über die gute alte Zeit zu sabbern, als die Filme noch nah am Menschen waren, statt so total abgehoben zu sein wie heute, und als man noch richtiges Erdöl-Zelluloid mit handgekurbelten Cinematographen verwendet hat. Später ziehen sie sich dann aufs Kommunenklo zurück und beglotzen Bilder von minderjährigen nackten Ostblockmädchen.
Übrigens: Sollte Ihnen irgendjemand erzählen wollen, der Film wäre auch nur ansatzweise mit David Lynchs "Eraserhead" zu vergleichen, dann brechen sie den Kontakt zu dieser Person sofort ab - ein solcher Mensch weiß nichts und wird Sie in Ihrem Leben keinen Millimeter weiterbringen.
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