Darf man einem Album, das sich in dunkelbraunem Retro-Design präsentiert und noch dazu den Titel "Elevator" trägt, trauen? Verstopft nicht ohnehin schon viel zu viel Fahrstuhlmusik unsere geneigten Gehörgänge? Sind schöne Oberflächen sexy? Und wer zum Kuckuck ist Jaffa?
Zumindest letztere Frage läßt sich leicht beantworten: Jaffa, das ist der 24jährige David Kakon aus Montreal, Kanada, der für sein Projekt einen recht treffenden Namen gewählt hat. Die Assoziation mit den gleichnamigen Zitrusfrüchten wird durch die orangestichige Coverdame, die mit weit geöffneter Bluse ihre Rundungen zeigt, noch unterstrichen. Auch die Titel der einzelnen Stücke ("Be Nude Baby", "Legz", "Lazywalker") machen deutlich, mit welchen Images und Klischees auf diesem Album gespielt wird: sexy und sleazy soll es sein, lasziv und schwülstig, mit fetten Beats untenrum (für die Jungs) und watteweichen Melodien obendrüber (für die Mädels).
"Elevator" eignet sich wahrscheinlich prima als Schlafzimmer-Soundtrack, etwa in der Art, wie Massive Attacks "Blue Lines" einer war, klangtechnisch perfekt ausgelotet und extra crispy produziert. Keine Hektik, kein Sample-Wahn finden sich in den acht Stücken und drei Remix-Versionen dieses Albums, alles gleitet in anmutigem Fluß, glänzt und glitzert, geschmeidig wie Satin-Bettwäsche. Auf "Be Nude Baby", dem zweiten Track des Albums, klingt das gar, als hätte Barry White für einen Gastauftritt vorbeigeschaut. Aber trotz dieser riskanten Gratwanderung zwischen Sinnlichkeit und plumpen Klischees bleibt "Elevator" erstaunlich geschmackssicher.
Die musikalische Virtuosität von Kakon und seine Sensibilität im Umgang mit Sounds und Instrumenten hauchen dem Album an den entscheidenden Stellen Leben ein, und wo andere sich in Experimentierwut und Daddelei verlieren, behält er stets die Proportionen im Auge und unter Kontrolle. Keiner der Tracks wirkt protzig oder überladen, und obwohl sich nur ein einziges echtes Vocalstück ("Sneakin´ Vocal Mix") auf dem Album befindet, ist von der oft zitierten Blutarmut im Bereich instrumentaler elektronischer Musik kaum etwas zu spüren.
Dennoch handelt es sich bei Jaffa um einen weiteren Vertreter der Kategorie "unaufdringliche Hintergrundmusik". Die durchexerzierten Styles sind eher gut abgehangen als frisch; wer also auf der Suche nach bahnbrechenden Innovationen oder musikalischen Grenzüberschreitungen ist, wird sich bei "Elevator" bestenfalls langweilen. Was die Funktionalität der Musik im richtigen Kontext jedoch nicht schmälern sollte - denn in der Flut von Plätscher- und Berieselungs-Sounds, die nahezu täglich über uns hereinbrechen, zählt dieses Album zweifellos zu den brauchbareren Releases. Und daher hat es zumindest einen Platz auf dem Nachtkästchen oder im CD-Player ihres Lieblingsfahrstuhls verdient.
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