Seit 1995 ist das Berliner Produzententeam aktiv und wird trotz wenig "richtiger" Releases bereits als Referenz für neuere Acts genannt. Die raffiniert designte Mixtur aus musikhistorischen Anleihen und moderner Beat-Kultur läßt tatsächlich Erstaunliches von einem Debütalbum erwarten. Doch vorerst erscheint mit "The Remixes 1997-2000" eine Werkschau mit den Bearbeitungen der Band für andere Künstler.
Ähnlich ihren musikalisch weitschichtig Verwandten Kruder und Dorfmeister wurde das Berliner Producer-Kollektiv Jazzanova trotz bisher eher geringem Output an Eigenproduktionen schon mit einigen Vorschußlorbeeren bedacht. Claas Brieler, Jürgen von Knoblauch, Alex Barck, Stefan Leisering, Axel Reinemer und Roskoe Kretschmann konnten mit ihren bisherigen Veröffentlichungen auf ihrem eigenen Label Jazzanova Records und dem Münchner Label Compost Records bei der Musikpresse wie in den Clubs gleichermaßen punkten. Nicht zu Unrecht gilt die Band als Aushängeschild von Compost, das vor allem mit der Compilation-Serie "Future Sound of Jazz" auch jenseits der eingeschworenen Vinyl-Community Erfolge verbuchen konnte.
Mit drei Singles, ganz besonders mit der EP "Caravelle", etablierten sich Jazzanova als Garant für innovative und gleichzeitig tanzflurtaugliche Tracks und Remixe an den Schnittstellen von Latin, Bossa, Drum´n´Bass, Jazz und Elektro. Der legendäre englische Radio-DJ und Betreiber von Talkin´ Loud Records, Gilles Peterson, spielte ihre Nummern von der ersten Stunde an - und somit offiziell als "darf-man-cool-finden" abgesegnet, hagelte es auch schon Remix-Aufträge für die smarten Producer. Konnte man die einzelnen Tracks noch ganz unterhaltsam finden, stellen sich jedoch beim Abhören des gesammelten Werks manchmal leichte Ermüdungserscheinungen ein. Aber es muß differenziert werden.
Vor allem auf CD 1 watet der geneigte Hörer recht tief in "New Latin"-Klischees und brazilifiziertem Drum´n´Bass der Klasse "Das kenn´ ich doch von wo". Gegen diese Aburteilung spricht natürlich der fast schon museale Charakter der Stücke: Schließlich waren Jazzanova an vorderster Front daran beteiligt, die neue Schule des Latin-Programming ins Leben zu rufen, und die Tracks haben auch schon drei Jahre auf dem Buckel, was in der ultrakurzlebigen Groove-Szene fast eine Ewigkeit ist. Unterhaltsam ist CD 1 allemal - sorgfältig produziert, leicht bekömmlich und teilweise recht tricky; jedenfalls weit mehr als die typische CD für die Werbeagentur-Hintergrundbeschallung.
Auf CD 2 wird der Jazzanova-Kosmos dann endlich vollständig geöffnet, und neben den schon gehörten Latin-Exkursen kommen gemäßigter Elektro und ein wenig mehr Tempo hinzu. So klingt zum Beispiel Ian Pooleys "What´s Your Number?" in der Jazzanova-Bearbeitung, als wäre das Original eigentlich so gemeint gewesen und Pooley hätte es halt nicht so gut hinbekommen.
Fazit: Vor allem mit ihrem hochstehenden Produktionsstandard, ihrem Feingefühl für Remixes und ihrem Musikgeschichtsbewußtsein können Jazzanova punkten - doch bleibt "The Remixes 1997-2000" eben, was es ist: eine Zusammenstellung von Bearbeitungen. Damit wird zwar der Claim ganz gut abgesteckt, aber die vermuteten Goldvorkommen bleiben noch ein wenig im Verborgenen. Ob der Hype um die Band sich nun als gerechtfertigt erweist, wird wohl erst mit dem ersten "richtigen" Album festzustellen sein.
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