Super-Glatze vs. Glasknochen-Afro

Ein behinderter schwarzer Comic-Freak enttarnt einen weißen Übermenschen, und am Ende gibt es eine Überraschung: M. Night Shyamalans Erfolgsrezept-Aufwärmung "Unbreakable" ist fad und doof.

Gleich zu Anfang des Film outet sich David Dunn (Bruce Willis) während einer Zugfahrt nach Philadelphia als Idiot, als er angesichts seiner Sitznachbarin den Ehering wegsteckt und für eine plumpe Anmache einen Korb kassiert. Dann entgleist der Zug, und David erwacht im Krankenhaus, wo gerade der andere Überlebende aufgrund austretender Gehirnmasse den Löffel abgibt. Somit ist David der einzige Überlebende neben 131 Toten. Das Verwunderliche daran: er hat keinen einzigen Kratzer abbekommen. Was aber nichts an der Tatsache ändert, daß seine Ehe ein emotionales Trümmerfeld bleibt, sein Sohn vergeblich um emotionale Zuneigung ringt und er selbst jeden Tag mit einer unüberwindbaren Traurigkeit erwacht.

Schnitt und zurück in der Zeit. Da haben wir auf der anderen Seite der Stadt einen kleinen Afro-Amerikaner-Jungen, der sozusagen genetisch benachteiligt ist: Aufgrund einer seltenen Erbkrankheit zersplittern seine Knochen bei jeder mittelstarken Belastung. Seine Mutter kämpft verbissen darum, daß sich ihr Sohn trotzdem für das Leben erwärmen kann. Jahre später sehen wir, daß es ihr gelungen ist: Trotz seines schweren Leidens hat sich Elijah Price (Samuel L. Jackson) zu einem erfolgreichen Comic- und Kunstdruck-Händler gemausert. Aber richtig fertiggeworden ist Elijah mit seiner Krankheit nicht - kein Wunder, weil er immer wieder mit etlichen Knochenbrüchen im Krankenhaus landet, um dort monatelang in Gipsen zu weilen. Deshalb ist Elijah besessen von der Idee, ein Gegenstück zu ihm (das "andere Ende des Spektrums") zu finden - einen Mann, dessen Knochen unzerbrechlich sind, einen Superhelden sozusagen.

Ja, und nachdem David als einziger unverletzt aus dem Zugunglück hervorgeht, heftet sich Elijah an seine Fersen und bringt ihm nach langem, zähen, ausgedehnten, beinah in Zeitlupe dahinschlapfenden Ringen endlich bei, daß er, David, ein Übermensch ist, ein Superheld, ein Mann, der nicht nur eine übernatürliche Gabe hat, schlechte Menschen zu erkennen, sondern diese auch ohne Gefahr von der Schlechtigkeit abhalten kann. Außerdem wird er, David, erst dann seine Traurigkeit verlieren, wenn er endlich seiner Bestimmung folgt und als vermummter Superheld die nächtlichen Straßen von Philly sicher macht. Und dann kommt die Überraschung - die wir nicht verraten, obwohl es dieser klischeehafte, schöngeistig ästhetisierte Film durchaus verdient hätte.

Am Anfang ist eigentlich alles noch sehr stimmig. Die bedrückende Szene, als David an den staunenden, ungläubigen Hinterbliebenen der Zugunglücks-Toten vorbei muß, um das Krankenhaus zu verlassen, ist wirklich intensiv und läßt auf einen starken Film hoffen. Dann wird es aber mit jeder Minuten langweiliger und blöder. Die Figur des stets in lila gesäumtem Schwarz auftretenden Comic-Freak Elijah, dessen zerzauste Afro-Frisur wohl von schwelendem Wahnsinn kunden soll, ist eine geradezu lächerlich unrealistische Übertreibung. Glatzenträger Bruce Willis wirkt in seiner aufgesetzten Lethargie dagegen wie ein gealtertes, stumpfsinniges Anabolikamonster, das nur verschleiert mitkriegt, was um ihn herum passiert.

M. Night Shyamalan hatte schon während der Dreharbeiten zu seinem ohnehin massiv überschätzten Debütfilm "Der sechste Sinn" die Idee zu diesem Folgewerk, das eine Superhelden-Comicstory mit einer Esoterik-Klamotte und einem Familien-Problemfilm kreuzt. Daß da ein Bastardl herauskommt, ist vorprogrammiert. Zu dem (recht frühen) Zeitpunkt, wo sich das Zugunglück ereignet, sollte dem geschulten Zusehen eigentlich schon auffallen, daß hier schwächlich ans Werk gegangen wird: Das Büdget reichte nicht, eine ordentliche Zugkatastrophe zu inszenieren. Man sieht nur ein paar Szenenbilder von der Entgleisung auf Fernsehschirmen. Und die paar guten Momente von "Unbreakable" können nicht wettmachen, daß sich die 107 Minuten des Films ziehen wie ein ranziger Strudelteig. Die Überraschung am Schluß langweilt dann nur noch als "M.-Night-Shyamalan-Masche".

Übrigens: Wer will, kann ohne Anstrengung rassistische Tendenzen in diesen Film interpretieren. Das ist auch blöd.

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Oben: David mit Gattin - man ist sich fremd geworden. Unten: Glatzkopf David, sinnierend und schwermütig, im Zug kurz vor dem Crash. Später kommt es zum Treffen mit Elijah bei einem Football-Match - obwohl sich Elijah eigntlich nur für Comics interessiert. Dann hat es David endlich kapiert, wirft sich in eine Regenhaut und zieht durch die nächtlichen Straßen.