Vier lange Jahre ist es her, daß die schottischen "Boards of Canada" mit ihrem vielbeachteten "Music has the right to children." eine Art Renaissance der modernen elektronischen Musik einläuteten. Daß dieses Werk unübertrefflich war und ist, versteht sich von selbst - und wird vom großartigen Album zwei auch nicht in Frage gestellt.
Das Jahrhundert ist zwar nicht mehr dasselbe, das Jahrtausend auch nicht, aber man kann nicht zweimal hintereinander ein Jahrhundert-Album produzieren. Es ist BOC mit dem neuen Album "Geogaddi" aber zumindest gelungen, nahtlos an den Erfolg und die musikalische Qualität von "Music has the right..." anzuschließen. Und das will was heißen in einer Zeit, wo sich praktisch jeder Dilettant berufen fühlt, elektronische Musik zu machen.
"Geogaddi " ist nicht nur die konsequente Weiterführung eines Konzeptes, das auf "Music has the right..." schon einmal funktionierte, sondern verwöhnt den audiophilen Hörer sogar mit frischeren Klängen als der Vorgänger: Gefilterte "crispy"-Beats, shuffelnde Hiphop-Versatzstücke, 70er-Synthpads, strenge Pentatonik und ein schier unendlicher Melodienreigen.
Gottlob sind BOC nach dem hervorragenden Peel-Sessions-Release und der etwas enttäuschenden EP "In a beautiful place out in the country" noch nicht die Ideen ausgegangen. Auf "Geogaddi" erfinden sie sich ein zweites Mal selbst und präsentieren ein Feuerwerk an kaleidoskopartigen Kompositionen. Ihre Tracks zählen zum Feinsten, was zur Zeit am Markt ist. Ergeben wir uns also und lauschen so klingenden Titeln wie "Music is math", "Gyroscope" oder "Alpha and Omega".
Besonders die einzelnen, verstreuten, leider sehr kurzen Intro/Outros erinnern mit ihren gelegentlich umgedrehten Padsounds sehr stark an Experimente der späten 70er Jahre, hier verschmilzt wirklich Altes mit Neuem, und heraus kommt dabei coole Musik, die jeden begeistern sollte, der nur ein ganz klein wenig Feingefühl mitbringt.
Ein Wort noch zur Verpackung: Die limitierte Box enthält drei Vinylscheiben, ist also ein Triple-Set - aber nur fünf Seiten sind bespielt, was auf der sechsten Seite ist, möge bitte jeder selbst herausfinden. Es dauert ein Weile, an die Scheiben ranzukommen - wegen dem recht seltsamen, eigentlich unnötig aufwendigen Klappcover. Irgendwer bei "Warp" scheint der Auffassung zu sein, daß Schallplatten auch als Kunstobjekte vermarktet werden müssen. Ob die Fans den immensen Anschaffungspreis gutieren, wird am Verkaufsvergleich CD/Vinyl erkennbar sein.
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