Eine illustre Runde von bemitleidenswerten, wenig symphatischen Charakteren beobachtet Ulrichs Seidels "Hundstage" und erweckt dabei den Anschein dokumentarischer Alltagsbilder.
"Good News", "Models", "Tierische Liebe": Man kennt die inszenierten Pseudo-Dokumentationen des Wiener Regisseur Ulrich Seidel schon lange weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Zu Seidels unverwechselbar individuellen Stil gehört ein Faible fürs Negative: Er mag die Schattenseiten der Existenz, die Gratwanderungen zwischen Verschrobenheit und Perversion, die Verlierer, Schwellenpsychophaten und Sozialfälle, die Einsamen, Verrückten, Verarmten und seelisch Unterentwickelten. Auf sie richtet er unverschämt die Kamera, als wäre er ein unsichtbarer Beobachter in all jenen privaten Momenten, die normalerweise niemand mit anderen teilt.
"Hundstage" begleitet eine Reihe von Figuren aus der Wien-nahen Provinz durch einige besonders heiße Sommer-Tage. Mit dabei sind:
- das dumme, masochistische Mädchen, das immer wieder zu seinem eifersuchtsverrückten, brutalen Freund mit dem aufgetunten Opel zurückkehrt;
- der dicke, alte Mann mit seinem Hund und seiner teilzeitgeliebten Haushaltshilfe;
- die verrückte Autostopperin, die unentwegt Werbesprüche heruntersagt;
- die nach dem Tod des Kindes emotional zerstörte Ex-Gattin, die sich in Sexclubs herumtreibt und ihren Liebhaber mit nach Hause nimmt, wo ihr Ex-Gatte noch wohnt;
- der blöde, prügelnde Feierabend-Zuhälter, sein grenzpsychotischer Freund und die ihm verfallene Lehrerin;
- und nicht zuletzt der Sicherheitsberater, der sich für seine unzufriedenen Kunden eine äußerst üble Beruhigungstaktik einfallen läßt.
Sie alle sind entweder hundsgemein, gewaltätig, lüstern und dumm oder hilflos, bemitleidenswert, seelisch krank und orientierungslos. Es ist ein Jammer, ihnen beim Überlebenskampf und bei Dahinleben zuzuschauen. Der Film ist hart, deutlich und ehrlich, aber wenn man bedenkt, daß es sich (erstmals dezitiert) um einen Spielfilm handelt, hat er auch Exploitation-Charakter (was in Seidels Filmen immer so war). Hier allerdings ist "Hundstage" relativ harmlos, wenn man von den paar (nach wie vor schicken) expliziten Erotik-Szenen absieht. Insgesamt ist Seidels Neuer wie alle anderen recht langsam und manchmal etwas langweilig, aber ziemlich österreichisch und ziemlich ernüchternd.
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