Robin Storey, ehemals Mastermind der legendären Zoviet France, beschreitet mit seinem neuen Rapoon-Album ungewohnte Wege: Ruhige Soundscapes und ein Hauch von Klavier lassen das Album wie eine Fortsetzung von Brian Enos Ambient-Serie klingen.
Geboren 1955 in Cumbria, besucht Robin Storey zuerst die Kunstschule, bevor er sich dann mit zwei Freunden zu dem (viele Jahre später zur Kultband avancierenden) Kollektiv Zoviet France zusammenschließt. Storey entwirft die für die Band typischen Spezial-Plattencover: Er wickelt die LPs nicht in normale Kartonhüllen, sondern in so ausgefallene Materialien wie Teerpappe, Stanniolpapier, Seidenpapier, Holz oder gar Porzellan ein!
Nach über zehn Jahren gemeinsamen Schaffens kommt es zum Split der Band, nachdem Kollege Ben Ponton das Anonymitätsgelübde bricht und sogar behauptet, er sei allein für Musik und Artwork verantwortlich gewesen. Storey gründet daraufhin sein neues Projekt Rapoon und widmet sich fortan mehr den rhythmischen Soundscapes. Beim Erscheinen seines ersten Longplayers wittert die Musikpresse sogar Inder hinter dem Projekt, so sehr stehen die Tablas und Loops im Vordergrund.
"Just Say The Faith" ist Rapoons zweiundzwanzigstes (!) Album, erschienen auf dem großartigen US-Label Soleilmoon. Ausgestattet wie immer mit Storeys einzigartigen Gemälden auf Booklet und Cover, überrascht es diesmal durch die Vielseitigkeit der musikalischen Auswahl. Der erste Eindruck beim Hören läßt einen sofort an Brian Enos kultige Ambient-Serie aus den Siebziger Jahren denken, denn es wechseln sich einige zarte Beats mit vielen ruhigen Soundscapes ab, und zum ersten Mal spielt auch ein Klavier eine tragende Rolle in der Musik.
"The Finding" beispielsweise ist ein perfekter Soundtrack für einen verregneten Tag, an dem man so richtig schön vor sich hindösen könnte. Brian Enos Definition von Ambient Music stellt deren Funktion ja eindeutig in den Hintergrund, und er scheut auch nicht davor zurück, dem Hörer nahezulegen, er möge doch während der Musik einschlafen und wieder aufwachen, weil er eigentlich eh nichts verpaßt. Genau das trifft auch auf dieses Album zu, wobei das Nichts-Verpassen nicht als Monotonie interpretiert werden darf, sondern als Kontinuität des Klangteppichs, der sich so langsam entwickelt, daß eine Hörpause keinen negativen Effekt auf das Verständnis der Musik hat.
Einen ungewohnt kritischen und auch sehr deutlichen Ton schlägt Storey mit dem Album-Opener "Fuck The Wire" an. Wie der eine oder andere vielleicht bereits erraten hat, ist damit das brtitische Musikmagazin "The Wire" gemeint, das wahrscheinlich die monatlich umfangreichste Auswahl an experimenteller und neuer Musik abhandelt. Storeys Kritik daran bezieht sich auf die Tatsache, daß sich das Blatt zu einem großen Teil immer wieder selbst feiert und außerdem die Musikszene in zwei Teile aufsplittet - nämlich in jenen, der auf das Heftigste gefeatured wird, und in den anderen, der über die Jahre kontinuierlich ignoriert wird. Wer sich nicht anbiedert, muß leider draußen bleiben - und Storey hat offensichtlich genug davon...
Obwohl Rapoon immer wieder mit dem verstorbenen Bryn Jones aka Muslimgauze verglichen wird, haben die beiden musikalisch nicht wirklich viel gemeinsam. Zu vielseitig und unterschiedlich ist Robin Storey, sowohl als bildender Künstler als auch als Musiker. Mit dem neuen Album geht er eindeutig einen Schritt weiter als zuvor. Damit eignet es sich hervorragend als Einstieg für all jene, die mit seiner Musik nicht vertraut sind. Trotz des ausnehmend großen Outputs wird einem bei diesem Mann nie langweilig, und man darf sich getrost auf Album Nummer dreiundzwanzig freuen.
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