Eines der meistverkauften World-Music-Alben überhaupt stammt von Mari Boine. Das 1989 auf Peter Gabriel’s Real-World-Label erschienene Album "Gula Gula" mit dem prägnanten Cover (gelbes Vogelauge, im Hintergrund schneeweiße Federn) war auch das erste international erscheinende Album mit Musik der Sámi.
Der Volksstamm der Sámi - Nicht-Sámi besser bekannt als Lappen - war bereits dem römischen Geschichtssschreiber Tacitus im Jahr 98 als Seamieh bekannt. Mittlerweile wird davon ausgegangen, daß die völlig eigentständige Kultur der Sámi bis in die letzte Eiszeit zurückreicht. Die Sámi leben heute in verschiedenen Landstrichen Finnlands, Schwedens und Norwegens, wo sie vor allem in Finnland um ihre Anerkennung als ethnische Minderheit noch immer hart zu kämpfen haben. Dieser Kampf um Anerkennung in Ländern, die die Sámi schon seit Jahrhunderten (oder möglicherweise Jahrtausenden) bewohnen, findet sich stets in den Arbeiten von Mari Boine wieder.
"In der Schule in Norwegen erzählte man uns, daß die Kultur und die Sprache der Sámi nutzlos seien", erinnert sich Mari Boine. "Man erzählte uns, daß es nichts wert wäre, diese Kultur zu erhalten, und ich schämte mich, Sámi zu sein." Erst viel später entdeckte die in christlicher Traditionen aufgewachsene und erzogene Boine die Tradition der von ihrer Umwelt so geächteten Sámi und begann, die traditionellen Chants - genannt "Joik" - zu lernen und damit ihren künstlerischen Ausdruck zu finden. Die reine Schule vertrat sie dabei aber nie - ihre eigenen Stücke waren von Anfang an vermischt mit den verschiedensten Einflüssen nordamerikanischer und afrikanischer Musik-Stile. Durch die internationale Veröffentlichung ihres zweiten Albums "Gula Gula" auf Real World gelangte Mari Boine zu einiger Bekanntheit, und auch die Sámi und ihre teils prekäre Lage rückten zumindest teilweise in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Fünf Alben später wurden nun auf "Remixed Odda Hámis" einige ihrer Stücke aufgegriffen, um sie der allseits ebenso beliebten wie verhassten Remix-Bearbeitung zu unterziehen - mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Während Nils Petter Molvaer, Bill Laswell und Jah Wobble die kargen meditativen Chants mit entspannten Dub- und Jazz-Elementen ein wenig hörfreundlicher für mitteleuropäische Ohren umgestalteten, arbeiteten Biosphere und Chilluminati den eigentümlichen Sámi-Gesang im Ambient-Rahmen um. Schwer aus dem Rahmen fallen allerdings Mark de Clive-Lowe, Those Norwegians und Phono, die uninspiriert Beat-Teppiche unter die Vokalspuren legen. Insgesamt also eine mehr als zwiespältige Angelegenheit - und World-Music-Allergikern beileibe nicht zu empfehlen, da bei allen Bearbeitungen den Originalen hoher Respekt gezollt wird und sich keiner der Remixer in eitler Selbstdarstellung ergeht. Trotzdem ist "Remixed Odda Hámis" ein interessantes Album zur akustischen Annäherung an den Polarkreis.
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