Wir alle glauben, genug Englisch und Französisch zu sprechen, um uns an den verschiedensten Krimi-Orten für ein paar Hundert Seiten wie zuhause zu fühlen. Selbst die paar Brocken Italienisch und Pasta-Kenntnisse für Donna Leons Romane bringen die Meisten auf. Aber Finnland?
Das ist der weiße Fleck auf der kriminalistischen Landkarte. Als unbedarfte Finnland-Nichtkennerin las ich neugierig und skeptisch. Da sind einmal die Vornamen, die am Anfang Verwirrung stiften, weil sie für den ungeübten Leser nicht als eindeutig männlich oder weiblich erkennbar sind. (Aufpassen beim Lesen!) Dann ist da der (in Deutschland übliche) "Aldi"-Markt, wo ich noch die Übersetzerin des all zu heftigen Eindeutschens verdächtigte. Spätestens bei der Erwähnung von Mark dämmert es: es könnten auch Finnmark sein! So groß sind die weißen Flecken! Aufklärung über ein Land ist aber nicht Aufgabe eines Krimis, auch wenn an internationalen Schauplätzen spielende Krimis boomen. Einiges läßt sich aber aus "Macbeth ist tot" herauslesen über die Gesellschaft Helsinkis...
Der große finnische Schauspieler Arttu Jaala plant nach einer Schaffenspause ein Comeback - aber nicht am großen Nationaltheater, sondern in einer kleinen, feinen, aber experimentellen Studio-Produktion. Doch die aufgrund der Namen der Darsteller sofort ausverkaufte Produktion sieht nicht einmal eine einzige Aufführung: "Macbeth" wird - richtig! - ermordet.
Großes Rätselraten, viele Möglichkeiten: wer war es?! Wie üblich gibt es genug Personen mit Motiv - Gitta Gröhn etwa, die schwedische Primadonna und Partnerin Jaalas in der Shakespeare-Produktion - oder sie wurden zum Schluß mit dem jetzt Toten gesehen, wie der Beleuchter Niko Mäkiaho.
Der Reporter Markku Havula und seine Freundin, die Jung-Journalistin Mari Muroonen (da sind sie, diese Namen...!), ermitteln ebenso wie der Polizist Matti Martikka. Verbunden werden diese durch die Fotografin Anna Laine. Bei ihr findet sich jeder mal ein zu schmackhaftem Essen - rein zufällig natürlich - und spricht dann, auch zufällig, über die momentane Arbeit, und Anna berät manches Mal hilfreich.
Dann sind da noch die Malerin Anu Leimu, die sogenannte "Rückenkünstlerin", die mit ihrem Mann in zwei übereinander liegenden Wohnungen lebt, sowie Elviira Metsä, einst Sternschnuppe am Musical-Himmel und Jaalas Ehefrau nach Gitta Gröhn. Sie beschuldigt mit der Logik der Betrunkenen alle möglichen Personen des Mordes an "ihrer großen Liebe"...
"Macbeth ist tot" ist solides Handwerk: eine spannende Geschichte mit überraschenden Wendungen in einem interessanten und realistisch gezeichneten Milieu. Sprachlich in einwandfreiem Erzählton gehalten und von der Handlung her konsequent aufgebaut, bietet "Macbeth ist tot" ein nettes Leseerlebnis, insbesondere für kalte Abende!
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