Bad Cops folgen im Kino einer schönen Tradition. Diesmal übt sich Denzel Washington in Los Angeles mit Dschingis-Khan-Methoden im Morden, Brandschatzen und Faustrichten. Beim "Training Day" treffen sich zwar Gut und Böse, aber Moralfragen verschwinden hinter actionreichen Schauwerten.
Schon N.W.A. wußten straight outa Compton über die verdammt gefährlichen Mean Streets von Los Angeles zu berichten. Armut, Drogen, Mord und Gang-Wars sind auch die Tagesordung in dem üblen Viertel, wo Cop Alonzo Harris (Denzel Washington) seinen Dienst schiebt. Allerdings unterscheidet sich das fesche Aushängeschild des Rauschgiftdezernats in Styling und Methoden deutlich von seinen Kollegen: Sein Revier ist die Straße unter seinem konfiszierten Cadillac, seine Rechtauslegung eigenwillig und seine Vorgehensweise wenig zimperlich. Jake Hoyt (Ethan Hawke) erfährt das am eigenen Leib. Aus Karrieregründen ließ sich der brave Polizist und Ehemann dem toughen Alonzo zuteilen. Der stellt ihn nun einen Tag lang auf die Probe, erteilt ihm sozusagen ein Training in Street-Credibility. Jake muß mit PCB versetztes Marihuana rauchen, das man eben Dealern abgenommen hat, und versteht fortan die Welt nicht mehr, die sich Harris hier nach eigenen Regeln errichet hat. Da werden Kleinkriminelle bedroht statt verhaftet und Beinahe-Vergewaltiger zusammengeschlagen und laufengelassen. Dafür besucht man alte Kumpel (Scott Glenn), heimliche Familien und Freunde und ignoriert auf dem Weg dorthin tunlichst wilde Schießereien. Bei Razzien klaut man den aufgespürten Dealern das Geld. All das läßt Jakes Idealismus ordentlich bröckeln, und auch seine Faszination für den coolen Alonzo, der alles und jeden zu seinem eigenen Vorteil zu manipulieren scheint, bleibt auf der Strecke. Als Jake am denkwürdigen Trainingstag auch noch fälschlicherweise für einen Mord Alonzos verdächtigt wird und die Mafia ins Spiel kommt, ist das Maß voll, und der Konflikt eskaliert.
Denzel Washington, bisher nur auf eher glorreiche Helden ("Malcolm X", "Glory") abonniert, absolviert in seiner ersten Rolle als Bösewicht den prototypischen Bad Cop - und läßt dabei wenig aus. Mord, Erpressung, Diebstahl, Korruption - skrupellos agiert seine Figur nach dem Motto "Das Gesetz bin ich" und steht dabei ausschließlich auf seiner eigenen Seite. Daß er bei diesem vollen Programm laufend an der Karikatur entlangschrammt, scheint niemanden groß zu stören. Regisseur Antoine Fuqua ist wie bei seinem Vorgänger "The Replacement Killers" mehr an reibungsloser Action mit Schauwerten interessiert denn an tiefschürfenden psychologischen Aufhängern. Daher verbleibt auch der Konflikt mit dem jüngeren Ethan Hawke, der mit Idealismus, Pflichtbewußtsein und etwas konservativer Rechtschaffenheit das Gute verkörpert, innerhalb der Genregrenzen. Wer diffizilere Betrachtungsweisen von Moral im Polizeifilm sucht, muß sich auch weiterhin an genialen Grenzgängern wie "Bad Lieutenant", "French Connection" oder "The Choir Boys" halten, um nur einige wenige zu nennen.
Vielleicht ist die einzige Ausnahme die Tatsache, daß der böse Cop ein Farbiger in einem vornehmlich schwarzen Viertel ist. Das veranlaßte (US-)Kritiker zur nicht uninteressanten Frage, wie der Film wohl bei umgekehrter Rollenverteilung ausgesehen hätte. So jedenfalls war er in den USA ein Kassenschlager, womöglich auch, weil aus Credibility-Gründen die Nebenrollen mit wohlfeilen Musik-Stars besetzt sind - den Westcoast-Rappern Snoop Dogg und Dr. Dre sowie Macy Gray.
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