Interessiert es uns wirklich, wie und mit wem Rollstuhlfahrer Sex haben? Eigentlich nicht - doch wenn ein Film es schafft, dieses Thema so liebenswert und zugleich schwarzhumorig zu verpacken wie "Uneasy Riders", dann lassen wir uns gern was sagen...
"Uneasy Riders" hat einen saublöden Titel. Es ist ein Film über Behinderte - noch schlimmer gar, über Behinderte und deren Sexualität. Und er kommt aus Frankreich.
Nein, man will diesen Streifen wirklich nicht mögen; immerhin erfüllt er alle Anforderungen, wie sie an politisch korrekte Betroffenheitspropaganda gestellt werden, die zwei Wochen im Programmkino läuft und irgendwann in "Kunststücke" vorgestellt wird. Aber dann kommt doch alles anders:
"Uneasy Riders" heißt eigentlich "Nationale 7", weil er praktisch am Rande dieser französischen Fernstraße spielt, muß sich also nur für seinen Exporttitel genieren. Im Film geht´s zwar um Rollstuhlfahrer mit baumelnden Köpfen, aber die sind keineswegs bemitleidenswerte, hilflose Kreaturen, sondern entwickeln - wenigstens im Laufe der Handlung - einen anarchistischen Geist, der ein bißchen an "Einer flog übers Kuckucksnest" erinnert. Das mit der Sexualität will man trotzdem nicht so genau wissen, deswegen wird es auch nicht so genau gezeigt. Und die Darsteller sind für Franzosen eigentlich erstaunlich sympathisch. Verdammt, wieder nix mit den schönen Vorurteilen!
Die Hauptperson des von Jean-Pierre Sinapi gedrehten Werks, das erfreulich unkünstlerisch (also ohne "herrliche Bilder" und "Hmhmmm"-Momente für Feuilletonleser) daherkommt, ist der etwa 50jährige René (Olivier Gourmet). Er wohnt in einem Heim für körperlich Schwerstbehinderte, gibt sich dort jedoch als verbitterter Einzelgänger, der für jeden - seien es Mitpatienten oder Pflegepersonal - ein böses Wort übrig hat, die Welt nur zynisch betrachtet und ansonsten am liebsten für sich bleibt.
Die neue Pflegerin Julie (Nadia Kaci) läßt sich jedoch nicht auf diese Spielchen ein und versucht herauszufinden, was wirklich mit dem Mann los ist. Nach ein paar herrlich peinlichen Momenten - zum Beispiel, als sie im Supermarkt Pornovideos für ihn aussuchen muß - stellt sich dann die Wahrheit heraus: René ist geil wie ein Teenager in der Mädchengarderobe und braucht unbedingt eine Frau; am liebsten eine Prostituierte, weil er keine behinderten Partnerinnen mag. Da die zuständigen Beamten und Ärzte ihm das Menschenrecht auf Geschlechtsverkehr jedoch nicht zugestehen wollen, faßt sich Julie ein Herz. Zu suchen braucht sie ja nicht lang, da am Rande der großen Straße ohnehin Tag und Nacht etliche Nutten mit Wohnmobilen ihr Lager aufgeschlagen haben. Und bald schafft sie es wirklich, René mit der Hure Florèle (Nadine Marcovici), die natürlich ein großes Herz hat - wir erinnern uns: ein französischer Film - zusammenzubringen. Allerdings ahnt sie nicht, was sie damit im Heim auslöst...
Sinapi erspart sich in "Uneasy Riders" den Zeigefinger der modernen Moralisten und läßt seine Personen stattdessen ganz natürlich agieren. Unter den Behinderten gibt es hier ebenso sympathische, verrückte (bemerkenswert: der Rollstuhl-Punk mit dem roten Iro, der gern am Rand der Nationale 7 Rennen fährt) und einfach widerliche Typen wie unter dem Pflegepersonal - und das ist wahrscheinlich auch im wirklichen Leben so. Natürlich erweisen sich am Schluß des Films, nach erstaunlich vielen Lachern, die "schwierigsten" Typen und die Nutte als die wahren Helden, aber genau sowas will man ja im Kino sehen. Und daß Psychotherapeuten die schlimmsten und arrogantesten Sadisten dieser Welt sind, weiß man ja auch schon aus der Realität...
Im Endeffekt ist man dann froh darüber, daß dieser Film nicht in Hollywood, sondern ausgerechnet in Frankreich (!) gedreht wurde. Hin und wieder gibt es ja doch noch Überraschungen.
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