Christian Kleine ist ein vielbeschäftigter Mann. Zunächst einmal ist er die eine Hälfte des Elektronik/Akustik-Duos "Hermann & Kleine"; außerdem zeichnet er für die feine Gitarrenarbeit auf Arovanes "Tides" verantwortlich. Solo hält er mit "Beyond Repair" sein bisher erreichtes Niveau.
Das Jahr 2000 war aufgrund der mit vielen Auftrittsterminen gespickten Europatournee ein sehr anstrengendes für Christian Kleine. Erschöpft zog sich der Musiker in sein neues Studio in Berlin-Wedding zurück und begann das Material der letzten Jahre zu sortieren und neue Songs aufzunehmen. Herausgekommen ist dabei ein wunderbares Album. Der Stilmix ist zwar nicht exotisch - doch die Scheibe schließt mit ihren Sounds, von deformierten HipHop-Breaks über High-Tech-Gebritzel bis zu elektronischen Scherzen aller Art, nahtlos an "Tides" an. Das bedeutet: Hier kommt echtes "Boards" (of Canada)-Feeling auf. Großartig!
Locker, luftig und leicht tänzeln filigrane Klangbögen von vereinnahmender Transparenz und melodischer Nüchternheit, verschmelzen Emotionen gleich einem Kaleidoskop in tausendfarbiges Leuchten. Melancholie wohnt neben Glück, Freude neben Trauer. Sanft begleiten die Songs den geneigten Hörer in eine innere Reise, eine schwingende Introspektion, die auch Kleines freiwillige Abgeschiedenheit, das Refugium, beschreibt, ist sein Studio doch in einem kleinen Garten/Hinterhof gelegen.
Isolationismus bedeutet ja nicht immer industrielle Maschinenmusik oder suizidgefährdetes Hantieren mit Drogen. In Kleines Fall klingt es so, als hätte er endlich Zeit gefunden, sich zu sammeln, durchzuatmen und das zu tun, was er schon länger vorgehabt hatte. Hier sitzt kein Beat an der falschen Stelle, ist kein High-hat zuwenig oder zuviel zu hören. Perfektion ist für Kleine ein konsequenter Anspruch - aber ohne verkrampft oder gar musikalisch behindernd zu wirken.
Die teilweise recht langen Songs sind obendrein auch noch abwechlungsreich, ein Hörgenuß, den man oft wiederholen kann; die Abnützungsgefahr ist also gering.Vorbei sind auch die Zeiten des "Hey, schalt doch mal die Distortion-Box an" - zuletzt zu hören auf Hermann & Kleines "Kickboardgirl ep" oder "Transalpin". Doch statt üppiger, schaumiger Süßlichkeit liefert Kleine ein cooles Album voll feenhafter Melodien und solider - very british - Rhythmusarbeit ab. Was für ein Glück! Und er spielt auch noch die Gitarre selbst. Selten sowas Verträumtes gehört... Vergleiche sind schwer zu finden - die in letzter Zeit wieder gefragten Durutti Column frönten aber mitunter ähnlich klassischem Gitarrespiel samt Chorus.
Doch Kleines "Beyond Repair" ist eigenständig, sehr gut komponiert und programmiert. Die Stimmungen wechseln von spannend zu beschaulich, und langsam beschleicht uns der Wunsch, mehr davon zu hören. Mit Sicherheit eine Scheibe, die in nächster Zeit noch oft auf dem Plattenteller rotieren wird.
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