Suzanne Vegas sechstes Album "Songs in Red and Gray" bringt schöne Pop-Nummern fernab jeglicher aktueller musikalischer Strömungen und ist eine konsequente Weiterentwicklung ihres bisherigen musikalischen Stils.
1959 als Frühgeburt in Kalifornien auf die Welt gekommen, verbringt Suzanne Vega die ersten Wochen ihres Lebens in einem Brutkasten. Ihre Eltern zerstreiten sich kurz nach ihrem ersten Geburtstag, und Suzanne hat die darauffolgenden Jahre keinerlei Kontakt zu ihrem Vater. Als ihre Mutter zum zweiten Mal heiratet, zieht die Familie nach New York, wo das Mädchen in einem spanischstämmigen Minderheitenviertel aufwächst.
Die Familie singt zuhause traditionelles Folk-Liedgut; Suzanne lernt mit elf Jahren, Gitarre zu spielen. Ihre musikalischen Vorbilder werden Leonard Cohen, Joan Baez, Bob Dylan, Woody Guthrie und die brasilianische Sängerin Astrud Gilberto.
In den Siebzigern konvertieren die Vegas geschlossen zum Buddhismus, was Suzanne als befreiend für ihre Persönlichkeitsentwicklung beschreibt. Nach einem erfolglosen Tanzstudium beginnt sie in Kirchen und Kaffeehäusern zu singen. Ein Konzert von Lou Reed bestärkt sie in ihrem Entschluß, ihren Lebensunterhalt nicht mehr als Sekretärin, sondern als professionelle Musikerin zu bestreiten. Bald darauf wird sie New Yorks stärkste neue Folkstimme genannt.
1983 unterschreibt Suzanne Vega endgültig einen Plattenvertrag mit A&M, nachdem sie zuvor zweimal abgelehnt worden ist. Ihr Debüt wird zum Riesenerfolg, die Single "Marlene on the Wall" ein großer Hit in Amerika und Europa. Drei Jahre später steuert sie Songs für Philip Glass´ Songzyklus "Liquid Days" bei. Ihr zweiter Longplayer "Solitude Standing" übertrifft die Verkaufszahlen des ersten Albums noch um Längen - drei Millionen Exemplare werden davon weltweit verkauft, und die Singleauskopplung "Luka" - ein perfekter Popsong mit dem ungewöhnlichen Thema des Kindesmißbrauchs - wird Suzanne Vegas größter Hit aller Zeiten.
Nach zwei eher unspektakulären Alben beschreitet sie 1996 mit "Nine Objects of Desire" etwas experimentellere Wege. Nun, fünf Jahre danach, erscheint ihr neuestes Werk "Songs in Red and Gray".
Der Titel selbst impliziert schon die Richtung, die das neue Album ganz eindeutig einschlägt: Vega singt (Liebes-)Lieder für verregnete, graue Herbstnachmittage - voll von melancholischer Schönheit und zarten Arrangements. Produziert wurde die Platte von Rupert Hine, bekannt für seine Arbeit mit Howard Jones, Tina Turner, The Fixx oder dem unerträglichen Chris de Burgh. Als Gastmusiker findet sich überraschenderweise auch der geniale Matt Johnson, besser bekannt unter seinem eigenen Pseudonym "The The".
Alle zwölf Songs der Platte ergeben ein homogenes Ganzes; keine Nummer sticht positiv oder negativ aus dem Album heraus. Natürlich sind sie alle miteinander großartige Nummern, wunderbar gesungen und perfekt produziert, doch irgendwie macht gerade das das größte Manko der Platte aus. So wie ein trüber Herbsttag eine Zeitlang schön und melancholisch ist, jedoch mit längerer Dauer etwas eintönig und fad wird, verliert man auch an den grauroten Vega-Songs nach einiger Zeit das Interesse; zu glattpoliert und kantenlos geht es auf Dauer dahin.
Der besondere Reiz an Suzanne Vegas frühen Platten waren vielleicht gerade die schlichten, trockenen Arrangements, die das Flair des "Protest Singers" so schön aufkommen ließen. Ihr letztes Werk ist davon weit entfernt. Trotz allem ist "Songs in Red and Gray" aber keine schlechte Platte, sondern ein durchaus akzeptables, reifes Popalbum. Und das Cover - Frau Vega in Yohij-Yamamoto-Outfit mit Herbstlaub im Hintergrund - wirkt wunderbar passend zu den späten Herbsttagen, in denen es erscheint.
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