Irgendwo zwischen Kopfnicken und Kopfschütteln: In kluger Distanz zu Avantgarde und Bierzelt brauen Bauchklang ihren eigenen grandiosen Entwurf von Mundmusik (formerly known as a cappella). Gefeierte Auftritte im benachbarten Ausland (u. a. mit Red Snapper auf der Popkomm) lassen erahnen, daß da in nächster Zeit Großes bevorsteht...
Schon seit geraumer Zeit zieht eine erstaunliche Mär durchs Land, im Stehcafé oder Yogaclub, in Bezirksblättchen oder werteverpflichteter Tageszeitung, verbreitet von Apothekerlehrlingen oder Bürgermeistern. Da soll es eine dem St. Pöltener Raum entstammende Gruppe geben, deren Live-Darbietungen den Putz von den Wänden bröckeln, Pfarrersköchinnen literweise Weihwasser verpritscheln und hüftsteife "Zillo"-Abonnenten breakdancen lassen.
Diese Hasardeure sollen, so geht die Legende weiter, elektronische Musik erzeugen, irgendwo im weitläufigen Feld von Dub, Drum´n´Bass und Hip Hop - nur beanspruchen sie keine Instrumente dafür, zumindest keine im traditionellen Sinne, obwohl eigentlich schon... Na, Sie wissen vermutlich schon, worauf der Autor mit diesem mißlungenen Satzkonstrukt hinaus will: Die machen das alles mit der Kraft ihrer Stimmen, mit Mündern, Kehlen, Backen, Lippen, Zähnen, wasweißich. A cappella benennt man das wohl mit einem musikwissenschaftlichen Terminus; bzw. man benannte es so - denn Bauchklang, so haben sich die Burschen getauft, definieren sich selbst als Vocal-Groove-Project. Recht so, das mußten sie auch tun, weil das Genre der A-cappella-Musik mit eines der vergiftetsten überhaupt in der Musikwelt verkörpert; "Only You", "Mein kleiner grüner Kaktus" oder "Ich wär so gerne Millionär" sei´s gedankt.
Mindestens so oft, wie die Sprache auf die phänomenalen Live-Qualitäten von Bauchklang kam, stellte sich allerdings auch die Frage, wann denn nun endlich das Debütalbum (die noch eher in konventionelleren Gewässern fischende EP "Klangeins" aus 1997 sollen lediglich einige Auserwählte besitzen) erscheinen würde. "Eh bald, das dauert sicher nicht mehr lange", entwickelte sich alsbald zum Laufscherz unter ungeduldig Wartenden. Eines Tages lag dann wirklich die Promo von "Jamzero" auf dem Schreibtisch und blieb doch stundenlang unerhört. Zur Schande des Schreibers - der hat sich nicht getraut; zu groß die Erwarungshaltung, zu überwältigend die Enttäuschungsangst. Irgendwann lief sie dann aber doch, und was soll man sagen? Bauchklang haben´s tatsächlich geschafft, wildern sich durch Genres, daß einem schon bei "herkömmlichen" Projekten ganz anders werden müßte. Zu hören sind Reggae-Versatzstücke (klar, so muß das heißen: "Irie"), Breakbeat-Gewitter der verzweigteren Art ("Fire Below"), schaurig-betörende Klanglandschaften ("Sad Monks"), und immer auch gern dabei: Bruder HipHop mit den Beats, den dicken Beats, Mutter Dub und - richtig - die Extraportion Groove.
Es liegt in der Natur der Sache, daß durch die Bannung auf Tonträger einiges von der Energie und dem Druck der Live-Darbietung auf der Strecke blieben, was aber bei Gott nicht an der gelungenen Produktion liegt, sondern schlichtweg an der Tatsache, daß Bauchklang auf der Bühne halt immer auch noch zusätzlich auf der somatischen Ebene funktionieren. Dennoch: "Die sind wirklich so gut" ("OÖ Nachrichten"), und doch: "All sounds on this recordings based on human vocals" von Alex Böck, Andreas Fränzl, Peter Groissböck, Gerald Huber, Flo Weinberger und Karl Schrumpf. (Gratulation: bei den Snare-Sounds kann selbst Rahzel von den Roots neidisch werden.)
Bauchklang sind Gegenwart und Zukunft, Renovierer und Restaurateure eines bislang etwas eingeschlafenen Genres und damit nicht mehr und nicht weniger als die Attwenger des A-cappella-Stils. Und daher dürfen sie sogar "Roxanne" covern.