Räuber und Gendarm

Daß das Polizistendasein auch in der vollcomputerisierten, total überwachten Zukunft kein Honiglecken ist, zeigt Myra Çakans neuer SF-Roman "Downtown Blues". Von wegen "A Better Tomorrow"…

Seit 1999 macht sich die deutsche Science Fiction auch außerhalb von Kennerkreisen bemerkbar. Während uns Andreas Winterer mit seinem höchst amüsanten Roman "Cosmo Pollite" (siehe EVOLVER-Rezension) beste Unterhaltung bescherte und Marcus Hammerschmitts "Der Opal" (siehe EVOLVER-Rezension) zum Staunen anregte, war es vor allem Myra Çakans Cyberpunk-Roman "When The Music´s Over" (siehe EVOLVER-Rezension), der für eine positive Überraschung sorgte. Vor kurzem legte die gebürtige Hamburgerin (siehe EVOLVER-Porträt) ihr zweites Werk für Erwachsene vor.

In "Downtown Blues" erzählt Çakan die Story von Donovan, einer Agentin der City Force, deren Aufgabe es ist, den Downtown-Hexenkessel am Explodieren zu hindern. Die hiesigen Cops sind dazu schon lange nicht mehr alleine in der Lage. Drogenkartelle, Mafia und ein paar fernöstliche Gangster sorgen neben Smog, Wasserknappheit und anderen Großstadtkrankheiten dafür, daß das Polizistendasein in der Megalopolis niemals langweilig wird. Gemeinsam mit ihrer Partnerin DelMonico soll Frischling Donovan für einen reibungslosen Alltag in den Straßen der "Unterstadt" sorgen. Doch bereits ihr erster richtiger Fall treibt die ehemalige Straßenratte an ihre Grenzen: Eine neue Designer-Droge erobert die Szene, Donovans Partnerin verschwindet spurlos, und dann lernt sie auch noch die wahren Mächtigen der Stadt kennen. Damit beginnt für sie ein Wettlauf gegen die Zeit, denn sowohl Politiker als auch die ehrenwerten Vertreter des organisierten Verbrechens waschen ihre schmutzige Wäsche nicht gern in der Öffentlichkeit.

Erweckte "When The Music´s Over" noch ein Post-Endzeitszenario mit einem ordentlichen Schuß Rock´n´Roll zu literarischem Leben, so wählte Çakan für "Downtown Blues" ein "funktionierendes" System als Ort des Geschehens, inklusive Korruption, Intrigen und allem, was dazugehört. Dabei wirkt die Story rund um die junge City-Force-Agentin mehr wie ein Cop-Drama denn wie ein SF-Roman im herkömmlichen Sinne. Gelegentlich weckt "Downtown Blues" sogar Erinnerungen an Harry Harrisons 60er-Jahre-Klassiker "Make Room! Make Room!". Obwohl das Werk in Sachen Adrenalin-Drive nicht ganz an seinen "erwachsenen" Vorgänger heranreicht, festigt es Myra Çakans Position in der SF-Szene ganz eindeutig.

Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.



Über die Autorin:
Myra Çakan, ihres Zeichens Publizistin, verdient sich ihre Brötchen unter anderem mit Drehbüchern, Hörspielen und Kurzgeschichten, lieferte aber auch journalistische Beiträge für "Die Woche" oder die "Süddeutsche Zeitung". "Downtown Blues" ist ihr vierter Roman. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin hat Çakan inzwischen auch die Welt der Malerei für sich entdeckt.