Print_George P. Pelecanos - Schuss ins Schwarze/Wut im Bauch

Private Eye im Doppelpack

Still und heimlich erschien kürzlich der zweite Derek-Strange-Roman der amerikanischen Krimihoffnung.    25.08.2004

Kennern der legendären DuMont-Noir-Reihe ist George P. Pelecanos längst kein Unbekannter mehr. "Das große Umlegen", sein episch angehauchtes Prequel zu den Nick-Stefanos-Romanen, und "King Suckerman", das ultracoole Liebesbekenntnis ans Blaxploitation-Genre, erschienen seinerzeit in dieser Serie. Zuletzt begeisterte Pelecanos auf dem deutschen Markt mit dem ebenfalls brillanten Lesevergnügen "Eine süsse Ewigkeit" (das wiederum, gemeinsam mit den ersten beiden Romanen des Autors, die historische Washington-Trilogie bildet).

Nachdem man den Maestro hierzulande wegen der seltsamen Veröffentlichungspolitik vieler deutscher Verlage schon abgeschrieben und sich den Originalen zugewandt hatte, freut es nun umso mehr, daß der Rotbuch-Verlag (auf dessen Konto auch die wunderbaren Neuübersetzungen von Spillanes Mike Hammer - mit den ebenso gelungenen Cover-Illustrationen - gehen) bereits den zweiten Roman aus Pelecanos Derek-Strange-Reihe veröffentlicht.

Aber der Reihe nach: Bereits letztes Jahr erschien mit "Schuss ins Schwarze" das erste Abenteuer rund um den ungewöhnlichen Privatdetektiv - ungewöhnlich deshalb, weil er so gar nicht dem ansonsten vorherrschenden Klischee vom coolen, hammeresk-charmanten Schnüffler oder Marlowe-Klon entsprechen wollte.

Statt dessen wirkt Derek Strange, ein Schwarzer um die fünfzig, der stets Leatherman, Beeper und Handy am Gürtel trägt und zu Recherchen auch das Internet benützt, auf den ersten Blick fast "gewöhnlich". Er sammelt Rechnungen (selbst in der Strip-Bar) für die Spesenabrechnung, schreibt brav Honorarnoten und legt seine Fälle stets korrekt in Schnellheftern ab. Seine größten Laster stellen die regelmäßigen Besuche in einem chinesischen Massagesalon, wo er sich gern jeden Körperteil ordentlich durchkneten läßt, und seine Vorliebe für Ennio Morricone dar. Auch eine wunderschöne Sekretärin namens Janine, mit der er immer wieder ins Bett steigt und für deren Sohn Lionel er zuweilen Vatergefühle hegt, ist im Büro zu finden - neben seiner linken Hand Lattimer, einem gutgekleideten Gecken, der sich am liebsten um Fälle kümmert, die hohe Einkünfte garantieren und bei deren Lösung seine Garderobe nicht zerknittert.

In Schuss ins Schwarze wird Strange gebeten, einen alten Fall neu aufzurollen, bei dem ein junger schwarzer Cop während eines Undercover-Einsatz von einem Kollegen - dem Polizisten Terry Quinn - erschossen wurde. Auftraggeberin ist die Mutter des Opfers. Strange heftet sich dem Exbullen, der mittlerweile in einem Secondhandshop für Platten und Bücher arbeitet und leidenschaftlich gern Western liest - an die Fersen und freundet sich bald mit dem sympathischen, aber leicht reizbaren Mann an. Während der Ermittlungen entsteht eine Freundschaft zwischen den beiden, Quinn steht Strange sogar bei einem anderen Fall zur Seite. Doch die vielzitierte Floskel "Nichts ist, wie es scheint" trifft auch hier zu, und am Ende stehen Strange einige Überraschungen ins Haus.

In Wut im Bauch, dem zweiten Abenteuer des schwarzen P.I., wird Strange von auswärts mit dem Aufspüren einer jungen Ausreißerin betraut und muß gleichzeitig wegen eines ermordeten Gauners und dessen noch in den Kinderschuhen steckenden Neffen, der bei dem Attentat durch ein paar Crackheads ebenfalls dran glauben mußte, ermitteln. Natürlich sind auch hier wieder beide Fälle miteinander verstrickt.

Die in beiden Werken und auch sonst oft im Genre zu findende Nebenhandlung zwischen dem Detektiv und seiner attraktiven Sekretärin dient bei Pelecanos nicht bloß als unterhaltsamer Lückenfüller, sondern entwickelt sich im Verlauf der Plots ebenfalls weiter. Für Kenner ist dies keine große Überraschung; immerhin ist der Autor - kein Freund von Abziehbildfiguren - für die Liebe zu seinen Charakteren bekannt.

Bleibt nur zu hoffen, daß die beiden nächsten Strange-Romane "Soul Circus" und "Hard Revolution" ebenfalls bald in deutscher Sprache vorliegen.

Jürgen Fichtinger

George P. Pelecanos - Schuss ins Schwarze

ØØØØ

(Right As Rain)


Rotbuch (Hamburg 2003)

Links:

George P. Pelecanos - Wut im Bauch

ØØØØ

(Hell to Pay)


Rotbuch (Hamburg 2004)

Links:

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