Stories_Mike Mignola - Hellboy

Am Anfang war das Bild

Er ist groß, rot und ißt für sein Leben gern. Dank Guillermo del Toro ist der Höllenbub heute in aller Munde. Dabei treibt sich Mignolas Comic-Figur schon seit Jahren herum.    15.09.2004

In den USA bereits vor einigen Monaten in den Kinos gestartet und dort inzwischen ein Renner auf DVD, gelangt "Hellboy", die hierzulande bisher eher nur eingefleischten Comic-Fans bekannte Kultfigur Mike Mignolas, endlich auch bei uns als Realverfilmung auf die Leinwand. Dank der liebevoll inszenierten Story rund um den höllischen Ermittler und seine Mitstreiter sollte der allgemeine Bekanntheitsgrad des behörnten Recken sprunghaft ansteigen. Zeit wär´s - immerhin sind die infernalisch amüsanten Abenteuer des charismatischen Teufels auch im deutschsprachigen Raum schon eine ganze Weile lang erhältlich.

Schöpfer Mike Mignola erblickte 1960 in Berkley das Licht der Welt. Immer schon von Märchen, Monstern und anderen Gestalten angetan, zog es ihn recht schnell nach New York, ins Mekka der bunten Bilder, wo er sich während der Achtziger brav bei den beiden Comic-Giganten Marvel und DC verdingte und für die üblichen Verdächtigen Tusche und Zeichenstift schwang. Bei beiden Verlagen hatte übrigens seinerzeit auch Mignolas Idol, die Comic-Ikone Jack Kirby, gearbeitet. 1988 schlug dann mit der Batman-Story "Gotham By Gaslight" seine große Stunde. Mike schickte den dunklen Rächer kurzerhand in ein Paralleluniversum, wo es die Fledermaus mit keinem Geringerem als Nuttenschlitzer Jack the Ripper aufnehmen mußte. Doch das war ihm scheinbar noch nicht düster und paranormal genug - und so mußte 1993 eine eigene Comicfigur her: "Hellboy".

 

Hellboy erledigt seine Einsätze gegen Dämonen, Werwölfe und Monster aller Art und Größe in der Regel nach einem simplen, aber durchschlagendem Prinzip: Betritt den Ort des Schreckens, ohne recht zu wissen, was dich erwartet ...

 

Der sympathische Abgesandte aus der Hölle wuchs nach dem Dimensionsübertritt unter Menschen auf und wurde von Professor Trevor "Broom" Bruttenholm, dem Leiter des Bureau for Paranormal Research and Defense (B.P.R.D; dt.: Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen, kurz B.U.A.P.) nach bestem Wissen und Gewissen aufgezogen. Seither leistet der erdige Höllenbub dort seinen Dienst und mimt den okkulten Geisterjäger, der sich nichts Schöneres vorstellen kann, als tonnenweise Süßspeisen zu verschlingen und zwischendurch ein paar gestandene Monster zu verdreschen. Dabei hat Hellboy stets den passenden Spruch parat und schreckt auch vor Selbstironie nicht zurück.

Egal, ob ein Haufen Pulp-Nazis wieder vom Tausendjährigen Reich träumt, die Großen Alten ihre tentakelbewehrten Häupter erheben oder gar transsylvanisches Getier einen Aufstand macht - Hellboy hat immer ein Plätzchen frei, meist mitten auf seiner überdimensionierten roten Steinfaust.

Unterstützt wird der sarkastische Teufel dabei oft von Agenten des B.U.A.P., die im Verlauf der jeweiligen Geschichte meist den Löffel abgeben, dem Amphibienwesen Abe Sapien (dessen genaue Herkunft ein Rätsel bleibt und dessen Wassertank man in einer verschlossenen Kammer fand), der im wahrsten Sinne des Wortes feurigen Liz Sherman (Stichwort: Pyrokinese) sowie anderen illustren Gestalten wie Lobster Johnson oder dem Homunkulus.

Was Mignolas "Hellboy"-Geschichten auszeichnet und weit über die typischen Superhelden-Stories heraushebt, ist zweifelsfrei sein trockener Sinn für Humor. So beschwört er bewußt bekannte Genremomente herauf, um sie dann mit einem pointierten Kommentar seitens Hellboy oder eines seiner Mitstreiter zu brechen.

Auch Mignolas Verbundenheit zur internationalen, traditionellen Märchenwelt ist in vielen seiner Geschichten deutlich zu spüren, wenn es sich nicht sogar um Adaptionen handelt.

So trifft man beispielsweise auf den rumänischen Varcolac (eine Hybridform aus Lykanthrop und Vampir), die russische Hexe Baba Jaga (ja genau, das ist die, deren Haus auf Hühnerbeinen umherwankt) und natürlich haufenweise irische Folkloregestalten. Deutlich zu spüren sind auch die Einflüsse der beiden wohl größten Phantasten aller Zeiten - H. P. Lovecraft und Edgar Allan Poe, die in seinen Geschichten immer wieder durch blasphemische Monster oder viktorianische Herrenhäuser eine Würdigung erfahren. Mignolas persönliche Leseliste beinhaltet neben altbewährten Pulps naturgemäß auch den Lovecraftschen Dunstkreis: August Derleth, Clark Ashton Smith und Chambers´ "König in Gelb", aber auch jüngeres Blut vom Schlage eines Joe R. Lansdale oder Kim Newman (dem im übrigen ein Special in der ersten Ausgabe des Horror-Journals "Omen" aus dem Festa-Verlag gewidmet ist) werden aufgeführt.

 

Festgehalten werden Hellboys deutsch übersetzte Abenteuer alle in schlichtem Schwarzweiß, wobei Mignola von seinen Verehrern (zu denen auch Comic-Stars wie Frank Miller oder Alan Moore zählen) neben seinem minimalistisch gehaltenem Stil vor allem für seine Licht- und Schattenspiele sowie den geschickten Einsatz der Panels geliebt wird.

Amüsanterweise existieren in Hellboys Heimat, den USA, hauptsächlich kolorierte Fassungen - und die dortigen Fans lecken sich die Finger nach den S/W-Versionen. Der deutsche Leser bekommt diese vom Cross Cult Verlag - quasi auf dem Silbertablett - in liebevoll gebundenen Sammelausgaben serviert.

Seit der Geburt des Höllenbuben sind inzwischen elf Jahre vergangen, die zuerst kleine "Hellboy"-Fangemeinde wuchs stetig, und Guillermo del Toro zauberte den teuflischen Patrioten gemeinsam mit Schöpfer Mignola in einer liebevoll umgesetzten Adaption erfolgreich auf die Leinwand. Neben den regulären Comics existieren außerdem die sogenannten "Hellboy: Weird Tales", in denen Fremdzeichner ihre eigenen Hellboy-Stories erzählen dürfen, oder "Hellboy Junior", aber auch Spin-offs zu Abe Sapien sowie dem B.P.R.D. Die reguläre "Hellboy"-Reihe wird weiterhin - und einzig und allein - von Mike Mignola fortgesponnen. Band sechs, "Conqueror Worm", wird Anfang November unter dem Titel "Sieger Wurm" auch bei uns veröffentlicht. Eine absolute Notwendigkeit, denn die Lektüre macht eindeutig süchtig!

Jürgen Fichtinger

Hellboy # 1: Saat der Zerstörung

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(Hellboy Vol. 1: Seed of Destruction)


Cross Cult (D 2002)

 

Im ersten Band scheitert "Ragnarök", das geheimnisumwitterte Projekt der Nazis - unter der Leitung keines anderen als Grigori Rasputin (dem bekannt verrückten Mönch) - scheinbar durch das Eingreifen der Alliierten und des B.U.A.P., angeführt von Doktor Broom. Was davon übrigbleibt, ist ein kleiner roter Dämonenkerl, den Broom Hellboy tauft.

Jahrzehnte später: Hellboy ist erwachsen geworden und wird von Broom in dessen Wohnung gerufen. Doch bevor ihm der gerade von einer mysteriösen Expedition zurückgekehrte und offensichtlich geistig verwirrte Vaterersatz Genaueres erzählen kann, regnet es Frösche. Broom segnet das Zeitliche und Hellboy sieht sich mit einer monströsen Kreatur konfrontiert, die er kurzerhand Kermit tauft. Auf der Spur der übrigen Expeditionsteilnehmer führt ihn sein Weg - gemeinsam mit Liz Sherman und Abe Sapien - in ein Herrenhaus, dessen einziger Bewohner eine alte Dame ist, auf deren Familie ein Fluch lastet. Doch der Schein trügt, denn hinter allem steckt erneut Grigori Rasputin, der der Welt alles andere als wohlgesonnen ist. Hellboy weiß allerdings nicht, daß er selbst den Schlüssel zur Vernichtung der Welt darstellt.

Der erste "Hellboy"-Sammelband verfügt über eine durchgehende, abgeschlossene Handlung, auf der auch del Toros Leinwandadaption zum Teil basiert. Im Gegensatz zu späteren Comics finden sich hier noch in bester Hardboiled-Manier innere - das Geschehen kommentierende - Monologe des Helden, auf die Mignola ab Band zwei verzichtete. Der Text stammt von John Byrne, der Erfolg von "Saat der Zerstörung" verhalf Mignola jedoch zum nötigen Selbstvertrauen, um fortan alleine das Ruder zu übernehmen. Das Vorwort zum 148 Seiten starken Sammelband lieferte Robert Bloch.

 

Links:

Hellboy # 2: Der Teufel erwacht

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(Hellboy Vol. 2: Wake the Devil)


Cross Cult (D 2002)

 

Sein zweites Abenteuer konfrontiert Hellboy mit dem Vampir Vladimir Giurescu, an dessen Fersen sich Rasputin mitsamt seinen Lieblings-Nazischergen - Karl Kroenen und Ilsa Hauptstein - geheftet hat. Doch Hellboy muß es auch mit der mächtigen Sagengestalt Hekate aufnehmen, und wir lernen Rasputins "Großmutter", die Hexe Baba Jaga, kennen.

Auch bei "Der Teufel erwacht" handelt es sich um eine durchgehende Storyline mit 172 Seiten Umfang, die dem ersten Band qualitativ nicht nachsteht. Dank zahlreicher Verweise auf Folklore und verschiedene Mythologien sowie des typischen Hellboy-Humors gestaltet sich die Lektüre erneut als Genuß. Das Vorwort stammt diesmal von Alan Moore, weiters enthalten ist ein Interview mit Mike Mignola und "Hellboy"-Redakteur Scott Allie.

 

Links:

Hellboy # 3: Batman/Hellboy/Starman

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(Batman/Hellboy/Starman; Ghost/Hellboy)


Cross Cult (D 2003)

 

Im dritten Band der deutschen "Hellboy"-Ausgaben verschlägt es den wackeren Recken aus Pandämonium nach Gotham City, das bekanntlich die Heimat des Dunklen Ritters Batman ist. Ted Knight, der erste Starman (eigentlich ein antiquierter DC-Superheld aus dem goldenen Zeitalter, der Jahrzehnte später durch James Robinson einer Frischzellenkur unterzogen wurde und sich fortan erneuter Beliebtheit erfreute) wurde von Neonazis - den Rittern des Oktober - entführt, um finstere Pläne zu verwirklichen. Gemeinsam mit Jack Knight, dem amtierenden Starman, macht sich Hellboy in den Dschungel auf, um den Schurken das Handwerk zu legen.

An diesem primär Action-lastigen Straight-Forward-Crossover werden vor allem eingefleischte Comicfans ihre Freude haben. Über etwas mehr Tiefgang verfügt die zweite in diesem 120 Seiten starken Sammelband enthaltene Miniserie, in der Mignolas Hellboy auf den Dark-Horse-Vigilantengeist Elisa Cameron alias "Ghost" trifft. Die innerlich zerrissene Geisterbraut wird von einem Dämon dazu verführt, Hellboy seine steinerne Faust abzuschlagen. Als Belohnung dafür will der Bösling sie von ihrer Pein erlösen. In dem spannenden und für Hellboy-Verhältnisse mit recht viel Blut versehenen Abenteuer wird eine weitere Facette des roten Hünen offenbart: Er sieht sich mit einem Charakter konfrontiert, der nach Antworten sucht, einem Unterfangen, das er selbst tunlichst vermeidet, um sich nicht ständig den Kopf über seine wahre Natur zerbrechen zu müssen. Somit berührt die Miniserie "Hellboy/Ghost" einen wunden Punkt im Leben des "Menschen ehrenhalber".

Die Zeichnungen hierzu stammen von Scott Benefiel und Jason Rodriguez.

 

Links:

Hellboy # 4: Sarg in Ketten

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(Hellboy Vol. 3: The Chained Coffin and Others)


Cross Cult (D 2003)

 

Auf 200 Seiten offeriert "Sarg in Ketten" insgesamt sieben Hellboy-Abenteuer, die teils offene Handlungsfäden aufnehmen, teils die von Mignola erschaffene Mythologie vertiefen und erweitern und teils als Einzelgeschichten daherkommen.

In "Beinahe ein Gigant" treffen wir wieder auf den Homunkulus, dem Liz Sherman ihr Feuer vermacht hat. Hellboy muß ihn schleunigst finden, weil das Feuer ein lebendiger Teil von Liz war und sie ohne es zum Tode verurteilt ist. Dummerweise hat der Gesuchte noch einen älteren Bruder, der die Menschheit unterjochen möchte. Schneller als ihm lieb ist, hat Hellboy deshalb wieder alle Fäuste voll zu tun. Die Geschichte knüpft direkt "Der Teufel erwacht" aus an Band zwei an und wartet mit einer spannenden Storyline und teilweise unheimlich komischen Wortmeldungen Hellboys auf; gleichzeitig wird mit dem Homunkulus ein neuer Charakter ausgebaut, dessen Schicksal des dem Frankenstein-Monsters nicht unähnlich scheint.

"Die Wölfe von Sankt August" führt Hellboy in ein kleines Dorf, das ein schreckliches Geheimnis birgt, an dem die Inquisition mit Sicherheit ihre Freude gehabt hätte.

Die restlichen Geschichten sind im Vergleich kurz gehalten, nehmen es mit diesen beiden Abenteuern jedoch locker auf. Unter anderem gibt es ein Wiedersehen mit der Baba Jaga und eine Begegnung mit den Bewohnern der irischen Sagenwelt. Das Vorwort stammt von Craig Russell; am Ende finden sich eine "Hellboy"-Checkliste für Sammler sowie die in jedem Band vorhandene Kunstgalerie, in der internationale Comic-Zeichner sich an Hellboy versuchen.

 

Links:

Hellboy # 5: Die rechte Hand des Schicksals

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(Hellboy Vol. 4: The Right Hand of Doom)


Cross Cult (D 2004)

 

In Band fünf gibt es erneut mehrere Short-Comics aus Mignolas Feder. Der erste Teil "Die frühen Jahre" bietet mit "Pfannkuchen" ein witziges Kürzestabenteuer aus Hellboys Kindheit, bevor er es in "Die Natur des Tieres" mit einem waschechten Drachen zu tun bekommt. Teil zwei, "Die mittleren Jahre", bietet vier Geschichten, in denen es der Geisterjäger mit allerlei Märchengestalten und menschlichen Grenzgängern aufnehmen muß. Auf Teil drei, "Die rechte Hand des Schicksals", liegt schließlich das Hauptgewicht des vorliegenden Bandes. Die gleichnamige Story konzentriert sich - gemeinsam mit der nachfolgenden, "Die Truhe des Bösen" - auf Hellboys Herkunft bzw. das ihm einst zugedachte, von ihm aber konsequent über die Jahrzehnte hinweg ignorierte Schicksal und die Bedeutung seiner versteinerten rechten Hand. Hellboy begegnet sogar dem leibhaftigen Teufel und legt ihm seine Ansichten über seine Bestimmung mit dem für ihn typischen Wortwitz dar. Denn unter der Nummer 666 wird sich garantiert niemals der liebenswerte Höllenauswuchs melden ...

Das Vorwort zur 176 Seiten starken Anthologie liefert Tyruben Ellingson; am Ende gibt es neben der obligaten Galerie einen Text über die literarischen Einflüsse Mignolas.

 

Links:

Hellboy - der Film


Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Besprechung!

 

Links:

Interview Guillermo del Toro

(Update 10/08)


"Fat, catholic and repressed"

 

With the gigantic "Hellboy II: The Golden Army" in his pocket, Guillermo del Toro is ready for his biggest challenge so far: the two-part "Lord Of The Rings" prequel called "The Hobbit". Read how EVOLVER met one of its favourite directors ever - for an exclusive interview.

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