Stories_Plakativ: Che Teil 2 - Guerilla/Edge of Love

Rebellenbärte und Frauenlippen

Benicio del Toro spielt wieder Revoluzzer, während zwei Damen lieber die Dreiecksbeziehung erkunden. Die EVOLVER-Expertin nimmt die dazugehörigen Plakate unter die fachkundige Lupe.    24.07.2009

Che Teil 2 - Guerilla

 

Was wir sehen: Che Guevara in kämpferischer Pose. Das Gewehr in der rechten Hand erhoben, blickt er zu Boden. Hinter ihm Dschungel und Berge. Dazu der Filmtitel - nur "Che".

 

Worum es augenscheinlich geht: wohl irgendwie um das Leben von Che Guevara.

 

Worum es tatsächlich geht: Im zweiten Teil der Mammutbiographie dreht sich alles um: ta-dah ... Che. Nach sich zuspitzenden Differenzen mit Fidel Castro hat er sich entschlossen, seinen Posten als Wirtschaftsminister in Kuba aufzugeben und begibt sich etwas desillusioniert nach Bolivien. Dort übernimmt er das Kommando über eine militärische Widerstandstruppe, die versucht, im Land einen revolutionären Umbruch zu erwirken, jedoch erfolglos bleibt. Nach einem Jahr des Kämpfens gelingt es dem bolivianischen Militär, Che zu verhaften.

 

Zum Plakat: Benicio del Toro hat inzwischen in Cannes den Preis als bester Darsteller für die Hauptrolle bekommen. Deshalb wird er auch namentlich noch größer benannt als auf dem Plakat zum ersten Teil.

Farblich und stilistisch sind die zwei Plakate nicht als eine Einheit zu erkennen. Während Teil eins "typisch" kubanisch-revolutionär daherkam, wollte man wohl bei diesem Plakat die Betonung auf die Wandlung zum düstereren, kämpferischen Dschungelkämpfer legen. Dementsprechend sind die Farben natürlich passend zu denen des bolivianischen Urwalds hinter der Figur angelegt. Die einzige Akzentfarbe befindet sich direkt unter dem Filmtitel, in Form des fünfzackigen Sterns und eines Balkens, der scheinbar nur zur Unterstreichung des Titels dient.

Die totale Entfernung von der Gestaltung des Posters zum ersten Teil verwundert mich - trotz der Tatsache, daß es in beiden Filmen um unterschiedliche Phasen des Lebens von Guevara geht, wäre eine stilistische Ähnlichkeit doch anzuraten gewesen, um die Zusammengehörigkeit zu zeigen; zumal der Hinweis darauf, daß es sich hier um den zweiten Teil handelt, komplett fehlt.

Daß es in der Fortsetzung um einen kämpferischen und vielleicht auch noch kompromißloseren Teil seines Lebens geht, ist an der Pose Guevaras gut zu erkennen. Die Resignation und Enttäuschung über den Verlauf der kubanischen Ereignisse könnten in das Herunterschauen hineingedeutet werden: Che ist jetzt desillusionierter und nicht mehr so offen wie auf dem ersten Plakat.

Hier muß und kann man zwei Mal hinschauen, Ches Pose ist wirklich sehenswert. Nur farblich sticht das Plakat nicht sonderlich hervor - doch sein Publikum wird Teil zwei so oder so finden.

 

 

 


Edge of Love - Was von der Liebe bleibt

 

Was wir sehen: Zwei junge Damen liegen auf dem Fußboden und schauen uns direkt an. Beide sind hübsch und sorgfältig geschminkt (und übersorgfältig photogeshoppt), ihre Lippen sind leicht geöffnet. Über ihren Köpfen "schweben" ein paar Blendflecken. Dazu den Filmtitel "Edge of Love - Was von der Liebe bleibt" und die Namen der Darsteller.

 


Worum es augenscheinlich geht: um eine lesbische Liebe in den 40er Jahren?

 

Worum es tatsächlich geht: Die junge Vera (Keira Knightley) trifft im London des Jahres 1944 ihre Jugendliebe, den Dichter Dylan Thomas (Rhys Ifans), wieder. Der ist mittlerweile mit der extravaganten Caitlin (Sienna Miller) verheiratet. Aus Wohnungsnot beschließen die drei, zusammenzuziehen. Die beiden Frauen entdecken eine tiefe Seelenverwandtschaft - doch reicht das aus, um die Liebe, die einmal zwischen Vera und Dylan existiert hat, zu ignorieren? Als Vera den jungen Offizier Klick (gespielt vom überzeugenden Cillian Murphy) heiratet, wird das Liebesleben nicht etwa entspannter, sondern das Drama weitet sich auf alle vier Beteiligten aus.

 

Zum Plakat: Der Fokus liegt auf den beiden Frauen und deren Freundschaft. Daß es auch um Sex und Liebe geht, ist durch die Mimik der Frauen erkennbar. Leicht geöffnete Lippen deuten auf Kußbereitschaft hin und wirken sexy, der rote Lippenstift betont das noch. Die Lippen sind also der Eyecatcher des Plakates, wenig subtil, aber dennoch angenehm. Daß man zwei so hübsche Darstellerinnen allerdings so übertrieben einer Photoshop-Kur aussetzen mußte, ist unverständlich. Sie wirken fast wie zwei Wachspüppchen, die jemand auf den Boden gelegt hat (und das weckt jetzt keine sinnlichen Assoziationen).

Die Plakataufteilung ist schön und übersichtlich. Das Bild wurde in einen Rahmen gelegt, auf dem man alle schriftlichen Informationen findet. Zuoberst sind die Darstellernamen zu sehen - alphabetisch geordnet. Deshalb steht "Keira Knightley" über dem Bild von Sienna Miller und andersherum; das hätte man auch besser lösen können ...

Was mich wirklich überrascht, ist etwas ganz anderes: die nüchterne Typographie des Filmtitels. Die Buchstabenform hat überhaupt nichts Romantisches oder Sinnliches. Zwar geht es um die "Edge" (etwa "Ecken und Kanten") der Liebe, aber eben doch um Liebe - und ich kann mir vorstellen, daß dieser Gedanke auch typographisch gut umgesetzt werden könnte, beispielsweise in einem Schriftzug, dessen Form sich von kantig zu runder verändert. Immerhin scheint das Rot der Schrift von den Rottönen des Lippenstiftes aufgegriffen zu werden, sodaß der Text zumindest farblich einen schönen Akzent setzt.

Gestalterisch gesehen handelt es sich hier dennoch ein recht prosaisches Plakat, das vor allem vom Photo der zwei Hauptdarstellerinnen lebt.

 

 

C. Franziska Richter

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