Kinky Friedman for Governor 2006
Texas beweist Größe, in jeder Hinsicht. Nur bei der Wahl zum Gouverneur haben die Texaner geschlafen - oder sind gar nicht erst hingegangen. Wir berichten live und mit Verspätung. 14.11.2006
It ain´t over till it´s over ...
Verehrte Leserschaft, wir haben Hocherfreuliches zu berichten: Das KFEEST (Kinky Friedman European Election Support Team) ist wohlbehalten aus Texas und Umgebung zurückgekehrt und hält sich wieder in der jeweiligen Heimat - von Graz über Wien bis Berlin - auf. Erst wollten die Damen und Herren ja gar nichts mehr schreiben, weil sie der Jetlag so in seinen Klauen hatte, doch dann erwachte wieder der Reportergeist in ihnen.
Wir präsentieren Ihnen heute also stolz den ersten Nachbericht zur texanischen Gouverneurswahl 2006 - den Sie bitte als zeitlich nur leicht verschobenen Live-Bericht bewerten wollen.
Das Wort hat JaG (Joachim aus Graz; jetzt schauen Sie doch endlich im Team-Verzeichnis nach!):
Election day (M & L: Blaze Foley)
"Hey Mr. Policeman, please don´t take my stuff/It costs me too much money and it probably ain´t enough/To get me through election day/Did not hear you say: It´s alright, it´s alright, it´s alright."
Die morgendliche Cholesterin-Dosis: Reinis famed "Wahlsieg-Eierspeis"
Election Day, 7th of Nov.:
Es ist 9 Uhr morgens, und das Gewinsel unseres Nachbarhundes reißt mich aus meinen schönsten Wahlsiegträumen - wieder, wie jeden Tag, nach nur ein paar Stunden Schlaf. Bis weit nach 3 Uhr früh haben unsere nächtlichen Besprechungen über den heutigen Wahlausgang angedauert. Und meinem pochenden Kopf nach zu urteilen, kann der texanische Rotwein auch ganz und gar nicht mit den wohlgeschätzten roten Tropfen unseres Burgenlandes mithalten.
Nichtsdestotrotz lege ich einmal "Election Day" von Blaze Foleys CD "Live at the Austin Outhouse", welchselbige der HaB höchstpersönlich ein paar Tage zuvor von Townes Van Zandts altem Bassisten Wrecks Bell geschenkt bekommen hat, in unseren CD-Player.
Nach und nach erwachen auch die anderen European Village Irregulars. Reini beginnt sofort mit der Zubereitung seiner "Wahlsieg-Eierspeis", bestehend aus 13 texanischen Eiern (sollte das ein Vorzeichen für die heutige Wahl gewesen sein?), 3 Tomaten, 3 Paprikaschoten, 2 Jalapeños und einer Unmenge texanischem Ham! Mindestens ebensolange wie für die Zubereitung benötigen wir vier fürs Vertilgen der riesigen Speis ("Everything is bigger in Texas"). Danach noch schnell ins Internetz, um dem Doc und seinem (R)evolver-Blattl wenigstens noch ein paar weitere pre-electoral stories und Photos zu übermitteln.
I wanna be elected! KFEEST, just hangin´ out.
Die Zeit drängt, denn schon um 16 Uhr beginnt im "Scholz Garten" (The Oldest Business in Texas - Open Since 1866) die Election Party des Kinkster. Also rein in unsere - mittlerweile "weltberühmt in ganz Texas" - Kinky-Shirts und ab zum Scholzen-Garten. Als wir bei selbigem eintreffen, können wir kaum fassen, was wir dort zu sehen bekommen: Hunderte Medientrucks mit riesigen Satellitenschüsseln ("Everything is bigger in Texas") haben sich vorm Garten eingeparkt, und noch mehr Kameras und Mikrophone stehen brav in Reih und Glied an diversen Positionen inside the Garten. Unzählige "Kinky for Governor"-Plakate, "Transpirante", Luftballons, Sticker udergl schmücken den Beer Garten in pink, gelb und mit dem - von Guy Juke entworfenen - Konterfei des Kinkster! Und endlich wimmelt es auch von schwarzen großen Cowboyhüten ("Everything is bigger in Texas").
Zur Einstimmung spielt die texanische Fiddle-Legende Alvin Crow auf. Mitten in dessen Set reißt es uns von den Sitzen - er intoniert den alten Ostbahn-Schlager "I reiss o auf Mexico". Sollte das zukunftsweisend für die anwesenden Texaner sein? O-Ton Kinky, ein paar Tage vor der Wahl: "First I was for defence of our border, until Jesse Ventura talked me out of it. Jesse made a good point, he said: In ten years from now we might wanna get out of here."
Die ersten uns bekannten Gesichter, Kinkys Village Irregulars, treffen auch schön langsam ein. Alle sind sie gekommen;
Mike McGovern mit seinem lauten, irischen Lachen, Steve Rambam mit seinem grimmigen Blick, Washington Ratso mit der Jacke von Kinkys Vater, Dylan Ferrero mit seiner Gattin Sage, die wiederum mit ihren unzähligen Tattoos, Max Swafford mit einem Hawaiihemd, Kinkys Bruder Roger mit einer fetten Cigar und Kinkys Schwester Marcie mit einem Flieger aus Liberia.
Als ich Marcie anspreche, ob sie sich noch an mich erinnern kann, antwortet sie, für mich sehr überraschend: "Wow, you´re here today. I can´t believe it. Have you met any of the others, yet? You´re the first familiar face I met tonight. Do you know if my brother is already here?"
Ich kann sie beruhigen, der Kinkster ist noch nicht hier, und weise ihr den Weg zu Bekannten aus Kerrville. Washington Ratso wiederum kann "Reinharts" neue Haarpracht kaum fassen. Alt hingegen ist die Tradition, daß wir gerne ein Guinness mit dem Ratso trinken und er mit uns!
Ladies and gentlemen, please welcome the next Governor of Texas – not!
Plötzlich, out of a blew, (Blitzlicht)Gewitter, Geschrei, Gedränge: Der Kinkster himself erscheint, in seinem Gefolge natürlich auch Little Jewford, ebenso "Macaca" und "Jihad" von "Al Jazeera-Television", welchselbige an einer "Kinky for Gov"-Dokumentation arbeiten und uns in den letzten Tagen oft interviewt haben. Down to earth, bahnt sich Kinky seinen Weg durch die Menschenmenge, shakes hands, signs autographs and hugs friends. Für kurze Zeit verschwindet er im Backstage-Bereich, den er aber nach einem kurzen Interview und trotz warnender Hinweise seiner Bodyguards wieder verläßt und sich ins Fan-Gewühl stürzt, um sich ein Bier zu holen.
Schön langsam ist die Spannung auf dem Siedepunkt. Wird der Lone Star die nächsten vier Jahre für den Kinkster scheinen?
1 Prozent ausgezählt - Kinky liegt bei 10 Prozent.
Zufällig stehe ich neben Little Jewford, als das erste Ergebnis einflattert. Texas hat gewählt, aber anscheinend nicht kinky genug.
Wir sind beide mehr als enttäuscht über die 10 Prozent nach den paar ausgezählten Stimmen. Der regierende republikanische Governor, Rick Perry, liegt bei 40 Prozent ...
Wenig später entert Kinky die Bühne, um zu verkünden: "It doesn´t look great, but it ain´t over yet! And as Robert Louis Stevenson once said: To travel hopefully is a better thing than to arrive!!!"
Wir, ourselves, köpfen unsere mitgebrachten Murauer und stoßen auf den Kinkster an. Wir trinken auch auf die Texaner, die für Kinky gestimmt haben, auf die nächsten Kinky-Konzerte, die´s nicht geben würde, wenn er Governor geworden wäre, und darauf, daß wir part of that historical moment sind.
Wenig später, bei 2 Prozent der ausgezählten Stimmen, meldet das lokale TV: "Governor Rick Perry reelected". Das war´s!
Ein paar Stunden - und viele Murauers, Guinnesses und Lone Stars später - gibt´s ein erstes Endergebnis:
Rick Perry, REP: 39 %
Chris Bell, DEM: 30 %
Carole Keeton Strayhorn, IND: 18 %
Richard "Kinky" Friedman, IND: 13 %
Die Wahlbeteiligung lag auch diesmal wieder nur um die 30 Prozent ("Not everything is bigger in Texas")!
Für die frühen Morgenstunden des 8. 11. übergebe ich - aufgrund von post-electoral und -muraueral Gedächtnislücken - wieder an Reini, Susi oder den HaB!
May the best of the past be the worst of the future,
JaG
* *
Und dann folgte noch, elektrobrieflich of course, ein PS von Heinz aus Berlin, "zu JaGs sensationellem Bericht über die Election-Party":
1. ... es waren nur ELF Eier in der Speis ... (Ich muß das wissen, denn ich hab sie aufgeschlagen und dabei gezählt - und den Hund nicht gehört).
2. ... das mit den HUNDERTEN TV-Teams/Fahrzeugen stimmt!
3. ... das vierte Murauer hab ich NICHT getrunken!
Und noch was: Little Jewford trug bei den Wahlveranstaltungen vor dem Election-Day immer einen Janker, der aus Elvis´ Duschvorhang geschneidert wurde ... sensationell glitzermäßig.
HaB
Damit verabschieden wir uns für wenige Stunden mit einem herzlichen "To be continued" - und zwar heute noch!
Kinky Friedman for Governor 2006
Damen und Herren, Ladies and Gentlemen, willkommen im Spätabendprogramm des EVOLVER - und zur exklusiven Wahl-Nachlese in Sachen Kinky Friedman! Why the hell not?
Diesmal: Welcher Fehler Kinky eventuell die Wahl gekostet hat, welche Bierfirma uns nix für die Werbung zahlt - und welche positiven Folgen das negative Ergebnis haben könnte.
Während sich in Österreich Wahlsieger und -verlierer nach wie vor nicht einig werden wollen, fallen in Texas einsame Entscheidungen. Wird Kinky Friedman doch mitregieren?
Texas beweist Größe, in jeder Hinsicht. Nur bei der Wahl zum Gouverneur haben die Texaner geschlafen - oder sind gar nicht erst hingegangen. Wir berichten live und mit Verspätung.
It´s a looong story ... and you had to be there. Unter diesem Motto könnte die EVOLVER-Reportageserie über den Wahlkampf des Kinky Friedman stehen. Enjoy!
Wozu an die Zukunft denken, wenn die Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet ist? Das ist nicht nur Motto der österreichischen Politik, sondern auch unserer Kinky-Serie ...
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