Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.
14.01.2020
Eine Feier in einem Bobo-Haushalt gerät zum Fiasko, weil einer der Feiernden spaßhalber erzählt, daß er seinen zu erwartenden Sohn Adolphe nennen will. Die daraus resultierenden Szenen und Dialoge wurden von den Autoren Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière zu einer genialen Persiflage auf den derzeit herrschenden Gesinnungsterror gestaltet - als ob die beiden schon 2010 geahnt hätten, welch krasse Formen dies zehn Jahre später annehmen wird.
Das Theaterstück "Der Vorname" wurde eigentlich erst durch den 2018 erschienenen gleichnamigen Kinofilm so richtig populär. Die Handlung ist ebenso simpel wie aufschlußreich: In einem Akademikerhaushalt mit zugehörigem Freundeskreis wird durch einen Witz die engstirnige, politisch überaus korrekte Haltung des Professorenehepaares und der anwesenden Freunde offenbar. Sowas kommt heutzutage in Hipster- und Gutmenschenfamilien wahrscheinlich dauernd vor und zeigt brutal auf, wie sehr die dümmliche Ideologiehörigkeit die Menschen spaltet.
Das Stück spielt quasi im Wohnzimmer des Ehepaares Larchet, das ihren Bruder Vincent, seine schwangere Freundin Anna und den Jugendfreund Claude eingeladen hat. Vincent berichtet so nebenbei, daß er und seine Freundin ihren demnächst zur Welt kommenden Buben Adolf (bzw. Adolphe) taufen wollen.
Daraufhin bricht der Literaturprofessor in totale Entrüstung aus und demonstriert damit seine Kleinkariertheit. Gruppendynamische Effekte entwickeln sich, und im Rahmen der weiteren Diskussion kommt es zu einem Riesenstreit zwischen allen Beteiligten. Auch als Vincent dann gesteht, daß seine Bemerkung nicht ganz ernstgemeint war, ist der Zug schon abgefahren; der durch die Streitereien entstandene Riß scheint kaum mehr behebbar.
Folke Braband erzählt das Stück mit wunderbarer Präzision und schafft es, die vielen Ebenen von nur fünf Personen darstellen zu lassen. Dabei kann man als Zuseher richtig mitleben und mitfühlen und die Handlung bzw. Dialoge auf die heutige Zeit abstrahieren. Braband zeigt genau den Gesinnungsterror, der schon bald in eine Art Zensur mündet. Kritiker und Systemabweichler werden von der gutmenschenhaft indoktrinierten Meute sofort kaltgestellt. Braband läßt die makabren Dialoge, die vordergründig witzig klingen, mit scharfer Klinge vorführen. Der subtile Humor wirkt noch beeindruckender als ein plakativ servierter.
Die Schauspieler sind durchwegs großartig - allen voran Susa Meyer als die Ehefrau Elisabeth, die solange "gekuscht" hat, bis ihr einmal der Kragen platzt. Ihr Monolog am Schluß beweist großes Können. Auch Marcus Bluhm als Bobo-Ehemann steht dem um nichts nach. In Zusammenarbeit mit dem Regisseur zeigt er deutlich die Verlogenheit der politisch indoktrinierten Personen. Nicht zuletzt brilliert Michael Dangl in seiner Rolle als Bruder Vincent, die er sogar mit feiner Physiognomie würzt. Ein Mienenspiel kann auf der Bühne aufgrund der Distanz gefährlich, weil wirkungslos sein. Dangl schafft es aber, seine Gefühlszustände präzise zu transportieren.
Bemerkenswert ist auch, wie Dangl den Prolog und Epilog gestaltet und dem Stück dadurch eine besondere Note verleiht. Somit ist "Der Vorname" auf alle Fälle mehr als sehenswert.
Hören darf man heuer auch ganz ohne Maske. Grund genug für den EVOLVER-Klassikexperten Herbert Hiess, seine Musiktips für die Weihnachtszeit unter den virtuellen Christbaum zu legen.
Nicht nur Thomas Angyan, der zukünftige Ex-Chef des Wiener Musikvereins, hätte sich den Abschluß seiner Karriere - ebenso wie Staatsoperndirektor Dominique Meyer - anders vorgestellt. Wie so viele Kulturschaffende gingen beide der angeblichen Pandemie in die Falle.
Wer Rudolf Buchbinder ist, braucht man eigentlich niemandem mehr zu erklären. Der sich im 74. Lebensjahr befindende Star-Pianist ist in Kulturkreisen weltweit ein Begriff - und vor allem in Sachen Beethoven eine Kapazität, an der man nicht vorbeigehen kann und darf.
Pech oder Schicksal - wie auch immer man es bezeichnen mag: Daß die großartige Berliner "Carmen" schon nach der zweiten Aufführung von Amts wegen gestoppt werden musste, hätte sich niemand gedacht. Jetzt kann man sie wohl einige Zeit nur als Stream oder Aufzeichnung betrachten. Die Staatsoper unter den Linden zeigt mit ihr jedenfalls, daß sie dank ihrer hervorragenden Musiker viele der angeblichen Spitzenhäuser übertrifft.
Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.
Alle Jahre wieder ... kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch der "Streß", der oft zu Geschenkskäufen in letzter Minute führt. Um Verlegenheitsgaben wie Socken oder Bonbonnieren zu umgehen, hat der EVOLVER-Klassikexperte einige Tips zusammengestellt, die nicht nur eingefleischten Klassikliebhabern Freude bereiten werden.
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