Stories_Viennale 2009/Journal III

Meisterklasse und Menschenmasse

Die drei Meister George Romero, Francis Ford Coppola und Woody Allen mögen Regisseure ähnlichen Alters sein. Sonst eint sie aber eher wenig - schon gar nicht ihre Arbeitsfrequenz. Ihre aktuellen Werke waren auf der Viennale durch wunderliche Fügung relativ gleichzeitig zu sehen.    07.11.2009

Der Kampf des einzelnen gegen eine ruchlose, entmenschte Masse ist das tragende Prinzip jedes Zombie-Films. So weit, so bekannt. Dabei hat sich folgendes bislang noch nicht so herumgesprochen: Einen solchen Kampf gilt es oft auch auszufechten, wenn man sich einen derartigen Film im Zuge der Viennale ansehen will - besonders, wenn er noch dazu von Genre-Maestro George Romero ist. So waren die Szenen, die sich da im Zuge der Erstvorführung von dessen Survival Of The Dead im Foyer des Gartenbaukinos abspielten, auch nicht wirklich schön anzusehen - oder gar mitzuerleben. Manch einen (Namen der Redaktion bekannt) spornten sie trotz gekaufter Karte gar zur vorzeitigen Flucht nach vorne, sprich draußen an. Irgendwie auch verständlich - vor allem, wenn man wie der Autor dieser Zeilen dann im Saal selbst vor einer Partie postpubertärer Plauderanten zu sitzen kommt, die das Geschehen auf der Leinwand im Live-Ticker-Modus mitzumoderieren wußten. Selbiges geschah allerdings auf einem Level, der sich am besten in folgender Bemerkung während des Abspanns zusammenfassen läßt: "War eigentlich 'From Dusk Till Dawn' eh auch vom selben Regisseur, oder?"

Aber wie war nun der Film, werden Sie sich fragen? Nun ja, er reiht sich eigentlich recht nahtlos in die jüngere Zombiefilmschaffensphase Romeros ein, ist dabei um eine Spur gelungener als "Land Of The Dead" und auf jeden Fall erfreulicher als "Diary Of The Dead". Dennoch muß man sich nach dieser zweiten Untoten-Trilogie auch fragen, welche Mission Romero selbst mit ihr erfüllen möchte. Wie seine beiden Vorgänger wirkt nämlich auch "Survival ..." eher wie eine Fußnote zu seiner "klassischen" Triologie - mit teils durchaus cleveren und gewitzten Weiterführungen (hier in ein Western-artiges Szenario) und Bemerkungen, allerdings ohne noch deren ureigenste Qualität zu besitzen: einem das Herzerl gepflegt in die Hose rutschen zu lassen. Das können seine gelehrigen Schüler mittlerweile eindeutig besser.

 

Derlei Bedenken mögen Francis Ford Coppola wohl noch länger nicht plagen. Der hat nämlich auch gar nicht vor, seine eigene legendäre Trilogie in irgendeiner Art und Weise anzutasten - von einem seltsamen "Godfather"-Neuschnitt fürs Fernsehen einmal abgesehen. Trotzdem befindet sich der zwischenzeitliche Vollzeitwinzer neuerdings wieder in Filmlaune - nach "Youth Without Youth" ist Tetro nun bereits seine zweite Arbeit binnen kurzer Zeit. Und man muß - ohne allerdings "Youth ..." gesehen zu haben - festhalten, daß Coppola diese Pause (die immerhin Filmen folgte, in denen Robin Williams ein Kind im Manneskörper spielte) wirklich gut bekommen hat. Sicher nicht geschadet hat der Geschichte eines jungen Seemanns (DiCaprio-Lookalike Alden Ehrenreich), der im Zuge eines Landaufenthalts in Buenos Aires seinen abgepaschten älteren Bruder (Vincent Gallo) aufsucht, um dabei allerhand dunkler Geheimnisse gewahr zu werden, daß sie augenscheinlich solche Familienkonflikte verhandelt, wie sie ganz ähnlich schon in "Der Pate" zum Tragen kamen. In optischer Hinsicht knüpft der Film mit betörender S/W-Ästhetik dabei ebenfalls an ein (kleineres) eigenes Werk an - nämlich "Rumble Fish" -, zitiert aber beispielsweise auch aus "Rocco und seine Brüder". Und daß Coppola sich immer noch auf Schauspielerführung versteht, läßt sich aus jedem der tragenden Gesichter ablesen: am vordergründigsten freilich am lodernden des Vincent Gallo, der hier endlich wieder einmal zeigen kann, was er kann.

Über die wiedergefundene Produktivität der Kollegen Romero und Coppola wird Woody Allen freilich nur lachen können - als Zuschauer konnte man es bei vielen seiner im jährlichen Intervall vom Stapel gelassenen Werke zuletzt nicht immer. Immerhin gab es mit "Match Point" und sogar "Vicky Cristina Barcelona" aber auch erfreuliche Ausnahmen. Die waren allerdings bezeichnenderweise nicht in New York angesiedelt - wohin Allen für Whatever Works nun aber zurückgekehrt ist. Wenn man dann noch bedenkt, daß das Script noch aus den Siebzigern stammt und einen klugscheißenden Stadtneurotiker (gespielt aber nicht von Woody selbst, sondern von Larry David aus "Curb Your Enthusiasm") als zentrale Figur hat, weiß man, daß man es hier mit einer ganz klassischen Allen-Invasion zu tun hat - minus der wirklichen Überraschungsmomente freilich. Bleibt zu hoffen, daß seine nächste Auslandsreise schon gebucht ist ...

Christoph Prenner

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