Viennale 2009
Stories_Viennale 2009/Spezial
Made in Austria
Heuer liefert Hans Langsteiner seine ganz persönlichen Festival-Empfehlungen. Sie laufen ab heute im Programm und - eine kleine EVOLVER-Premiere - kommen alle aus Österreich. Film ab! 27.10.2009
Koma (Regie: Ludwig Wüst)
Da macht einer mit einem leisen Film ganz schön laut auf sich aufmerksam: Der erste Langspielfilm des bayrischen Theatermanns Ludwig Wüst sieht aus wie eine Mischung aus den subtilen Thrillern Jessica Hausners und dem rüde stilisierten Realismus Ulrich Seidls: Ein Taxifahrer schwänzt seine eigene Geburtstagsfeier, hört sich bei einer Prostituierten eine alte Mißhandlungsgeschichte an und besucht eine Liebe aus vergangenen Tagen. Das alles ist atmosphärisch so dicht und spannend gefilmt, daß man darüber die doch enormen Plotholes fast zu übersehen bereit ist.
Blutsfreundschaft (Regie: Peter Kern)
Ganz hat es der gute Peter Kern noch immer nicht zum (Schmalspur-)Fassbinder geschafft, aber er arbeitet daran. Die (angedeutete) tragische Love-Story zwischen einem schwulen alten Wäschereibesitzer (schonungslos: Helmut Berger) und einem eigentlich sensiblen Neonazi-Buben (talentiert: Harry Lampl) hat viel Wiener Lokalkolorit und durchaus ihre dichten melodramatischen Momente. Leider verpatzt sich Kern durch absurd entgleisende S/W-Rückblenden in ein Nazi-KZ viel selbst. Vielleicht hilft ja die aggressive Werbekampagne, diese Schwächen zu überspielen.
Bock for President (Regie: Houchang Allahyari & Tom-Dariusch Allahyari)
Filmisch nicht gerade die Neuerfindung des Dokumentargenres, aber wer schon immer die Frau hinter den Spendenaktionen kennen lernen wollte, ist hier gut bedient. Vater und Sohn Allahyari begleiten Ute Bock bei ihrer unfaßbar selbstlosen Betreuungstätigkeit, rücken auch grantige Momente der alten Dame ins Bild und schaffen nebenbei eine Momentaufnahme des aggressiv fremdenfeindlichen Klimas im Ostösterreich des Jahres 2009.
Im Bazar der Geschlechter (Regie: Sudabeh Mortezai)
Spontansex, Quasi-Prostitution und informelle Lebensgemeinschaft im Iran? Die in Wien arbeitende Dokumentarfilmerin Sudabeh Mortezai rückt wahrlich unbekannte Seiten islamischer Sexualpolitik ins Bild. Dem westlichen Betrachter ist bereits die bloße Existenz der hier beschriebenen "Zeit-Ehe" völlig neu; umso interessanter die detaillierte Beschreibung der praktischen Auswirkungen dieser von Heuchelei nicht freien Institution. Einige kleine Längen, aber enorm spannend und aufschlußreich.
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