Viennale 2008
(Fotos © Viennale)
17. bis 29. Oktober 2008
Auch heuer hat "ray"-Herausgeber Andreas Ungerböck seine ganz persönlichen Empfehlungen für uns parat. Diesmal gleich mehrfach im Viennale-Programm: unvergeßliche Schauspielhelden mit zerknautschten Gesichtern - weil das Leben glatt genug ist. 13.10.2008
The Wrestler
Der Tip ist vielleicht nicht originell, aber ein Muß. Soll doch die Viennale noch vier Zusatzvorstellungen einschieben! Mickey Rourke, über den die besserwisserischen Cineasten noch vor ein paar Jahren hämisch gelacht haben, ist jetzt plötzlich wieder das Zugpferd. Und Darren Aronofsky, der nicht ganz unanstrengende Metaphysiker des US-Kinos, hat diesmal die Metaphysik hintangestellt und dem alten Mickey eine ganz wunderbare Rolle auf den geschundenen Leib geschrieben: die eines ausgepowerten Wrestlers, der nach dem Herzinfarkt gezwungen ist, sein Leben in neue Bahnen zu lenken. Solche Geschichten und solche Besetzungs-Coups erhalten das Kino am Leben. Der Goldene Löwe in Venedig war der gerechte Lohn.
Cockfighter
Dies gesagt habend, muß man im gleichen Atemzug bedauern, daß der Wrestler-Zusatzvorstellung eine Aufführung von Monte Hellmans großartiger Americana "Cockfighter" zum Opfer gefallen ist. Seltsame Entscheidung, aber ... naja. Der große, 1982 im Alter von nur 54 Jahren verstorbene Warren Oates, dem ein Dasein als Nebendarsteller beschieden schien, landete im Jahr 1974 zwei filmische Haupttreffer: diesen hier in der Charles-Willeford-Verfilmung als hahnenkampfbesessener Drifter durch die US-Südstaaten und - ebenso gewaltig - seine Glanzrolle in Sam Peckinpahs "Bring Me the Head of Alfredo Garcia". Warren Oates wäre übrigens im Juli dieses Jahres achtzig geworden. Hat´s jemanden gejuckt? Den ORF vielleicht? Pah. Hier wenigstens, im Rahmen des Viennale-Tributes an Bob Dylan, wird der Mann gewürdigt.
I Hired a Contract Killer
Jean-Pierre Léauds Gesicht war 1990 auch schon etwas zerknautscht, als ihn der finnische Exzentriker Aki Kaurismäki (mit welchen Mitteln auch immer) nach London lockte. Léaud spielt einen entlassenen Angestellten, der in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise stürzt, aber zu zögerlich ist, um sich umzubringen - was ihn dazu treibt, einen Auftrags-Killer auf sich selbst anzusetzen. Die Darstellung des Henri Boulanger kann sich in jeder Hinsicht mit Léauds besten Auftritten als männliche Muse der Nouvelle Vague - und das waren weiß Gott zahlreiche - messen. Das Aufeinandertreffen des finnischen und des französischen Lakonikers bei diesem feinen Film gehört ohne Zweifel zu den Highlights des Tributes an den scheidenden Stadtkino-Chef Franz Schwartz.
Viennale 2008
(Fotos © Viennale)
17. bis 29. Oktober 2008
Andreas Ungerböck
Studium der Theaterwissenschaft und Publizistik in Wien. Dissertation über Rainer Werner Fassbinder. Zahlreiche Publikationen im deutschsprachigen Raum und in Asien. Mehrere Filmreihen zum asiatischen Kino, zuletzt "Kinowelt Asien" (2003) und "China Now" (2004). 1994 bis 2002 Programmkonsulent und Katalogredakteur der Viennale. Seit 2001 Chefredakteur, seit 2005 Herausgeber des Filmmagazins "ray". 2005 gemeinsam mit Gunnar Landsgesell Herausgeber der Anthologie "Spike Lee" (Bertz+Fischer-Verlag, Berlin).
Auch heuer hat "ray"-Herausgeber Andreas Ungerböck seine ganz persönlichen Empfehlungen für uns parat. Diesmal gleich mehrfach im Viennale-Programm: unvergeßliche Schauspielhelden mit zerknautschten Gesichtern - weil das Leben glatt genug ist.
Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist ... dann gehen wir halt ins Kino: "ray"-Herausgeber Andreas Ungerböck gibt uns seine ganz privaten Empfehlungen für die diesjährige Viennale und besinnt sich dabei auf alte Meister. Schauen Sie sich das an, meine Damen und Herren!
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