Stories_Viennale 05: Everlasting Regret

China Blues

Ein HK-Melodram mit bekannten Zutaten: unerfüllte Lieben, leidende Gesichter, üppige Dekors. Irgendwie hat man das alles schon mal gesehen. Das einzig Neue: Mao wird erwähnt.    24.10.2005

Schon die Ausgangsstory erinnert sehr an "In the Mood for Love" von Wong Kar-wai. Und wie im Asian Cinema öfters üblich, werden manche Szenen sogar ziemlich bewußt zitiert. Das ist dann auch die Crux an Stanley Kwans Historien-Melodram "Everlasting Regret": es ist technisch einwandfrei gemacht, es gibt wunderbar poetische Momente, hinreißende Gesichter mit vollen roten Lippen, opulente oder ganz triste Dekors und feine Schauspieler. Und trotzdem: Man hat (fast) alles schon ein- oder ein paar Mal zu oft gesehen, in alten Hollywood-Weepies und in den heiß geschätzten farbenprächtigen Hongkong-Lovestories der ganzen letzten Jahre. Die sind dereinst (sagen wir vor 15 Jahren) als exotische schillernde Paradiesvögel in die damals eher fade westliche Filmwelt hereingeschwebt und haben sie mit ihren Extravaganzen in Stylishness, Emotionen und Gewalt mit frischem Blut wiederbelebt. Inzwischen ist das Gefieder etwas grau geworden und die Scripts ein wenig verstaubt. Wer noch nie oder ganz selten in einem HK-Movie war, wird sich sicher in der ergreifenden Geschichte einer großen, aber ungelebten Liebe verlieren und am Ende geläutert im realen Leben wiederfinden. Für Eingeweihte sind die mittlerweile mehr als gut abgehangenen Zutaten und Formalismen ein echtes Handicap, um in das Schauspiel auf der Leinwand richtig und tief hineinzukippen. Dabei gibt es sogar echte Novitäten im Plot.

Der junge Fotograf Cheng verliebt sich unsterblich in das junge Fotomodell Qiyao - dieses aber wiederum leidenschaftlich in einen Offizier. Daraufhin flüchtet Cheng wieder in eine unglückliche Ehe mit einer Jüngeren. Als der Offizier nach dem Krieg und der Revolution China verlassen muß, bleibt Qiyao gebrochenen Herzens zurück, die folgenden Liaisonen mit jüngeren Männern scheitern, weil die Zeitgeistmoral das so will. Doch über die verworrenen Jahrzehnte und Schicksale hinweg verbindet Cheng und Qiyao eine loyale, innige Freundschaft. Diese Verstrickungen vollziehen sich überraschend vor einem expliziten historischen Hintergrund. Ausgehend vom Shanghai der 40er-Jahre erleben die Figuren die Kommunistische Revolution und den Exodus vieler Chinesen nach Hongkong und Amerika, die entbehrungsreiche Mao-Ära und nach dessen Ende wieder die langsame Öffnung der Volksrepublik Richtung Westen und Turbokapitalismus. Das bleibt zwar weitgehend unkommentiert, verleiht aber Stanley Kwans ("Still Love You After All") jüngstem Streifen eine interessante, weil wenig bekannte Note. Dennoch, "Hongkong in Motion" – das war einmal. Ein Genre erstarrt in endlosen Wiederholungen und Selbstbezügen. Aber um immer dasselbe mit minimalen Variationen aufregend zu finden, dafür müßte man schon Masochist sein. Oder Die-Hard-Fan.

Klara Musterfrau

Everlasting Regret

(Changhen ge)


China/Hongkong 2005

110 Min.

Regie: Stanley Kwan

Darsteller: Sammi Cheng, Tony Leung Ka Fai, Daniel Wu u. a.

 

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